Liebe Anke, lieber Heinrich,
es ist schon sonderbar, daß man zuerst sich dazu äußert, daß einem die Methoden, mit denen "aufgeräumt" wird, nicht gefallen und schließlich in den Verdacht gerät, selbst am liebsten Tauben zu morden... Das ist jetzt übertrieben und eigentlich nehme ich es auch nicht so, weil ich mich da einfach gar nicht angesprochen fühle, aber die Hitze der Debatte amüsiert mich hier schon.
Natürlich weiß ich, daß nicht alle Taubenzüchter so reagieren und weiß, daß auch weiß Gott nicht alle anderen Ziervogelhalter wahre Aposteln sind. Es gibt einen Trend, hier wie da und es gibt sowohl hier als auch da reichlich schwarze Schafe.
Tatsache ist eins, die Stadtauben sind keine Wildtaubenart und sie sind - ohne Hilfe des Menschen - gar nicht überlebensfähig, denn sie leben und vermehren sich durch unsere Fütterung, sei es freiwillig oder zufällig.
Ich weiß nicht, wo Ihr wohnt, aber in der Großstadt (hier in Berlin z. B.) leben die Tauben nicht von Samen und Körnern, sie fressen alles, was irgendwo rumliegt, und das sind Pommes, Kuchen, Aas und eben sogar Hundesch... Die liegt sogar reichlich da und wahrscheinlich ist da auch noch was Nährhaftes drin, ich weiß nicht, aus irgendeinem Grund müssen sie es ja probieren.
Ich spreche den Tauben auch nicht ihren natürlichen Reinheitssinn ab, aber hier haben sie keine Möglichkeit, sich zu baden. Es sei denn, hier und da mal in einer Pfütze, die noch stehengeblieben ist. Berlin ist aber nicht mal ein Pflaster für Katzen, welche Chancen haben also Stadttauben? Hier gibt es so wenig grüne Plätze, daß sich die Leute zum Teil kleine Bäume in Kübeln auf den Balkon pflanzen. Wie sollen sich Tausende von Stadttauben von Sämereien ernähren, selbst wenn die Blumenkästen plündern?
Aber die Vögel sind Überlebenskünstler, man sieht's, sie wachsen und vermehren sich und seien sie noch so krank durch ihre falsche Ernährung und haben sie noch so verkrüppelte Füße, es geht trotzdem. Und sie machen sich ihren letzten natürlichen Lebensraum noch enger, weil sie noch mehr werden. Die Grünflächen werden nicht größer, aber die Tauben werden mehr und fressen immer mehr Abfälle.
Natürlich fressen Krähen Aas, aber das machen sie ja von Natur aus. Krähenvögel sind u. a. Aasfresser. Aber, wenn Tauben das tun, ist es eben eklig, tut mir leid, da beißt die Maus keinen Faden ab, so sehe ich das.
Auch, wenn es für Dich vielleicht schlecht vorstellbar ist (ich weiß nicht, wo Du die Stadttauben beobachtest), es ist eine Tatsache und das Erlebnis mit den kannibalisierenden Tauben hatte ich exakt hinter der Kreuzung Kaiserin-Augusta-Allee/Neues Ufer, wo sich Krähen und Tauben gleichermaßen an dem Kadaver einer plattgefahrenen Taube labten. Berlin ist eine häßliche, schmutzige Stadt und die Tauben gehören zum Stadtbild, aber sie machen es nicht schöner, nein, sie fügen sich harmonisch ein, wenn man das mal so sagen darf.
Ich habe nichts gegen einige Tauben, die in den Parks der Stadt vielleicht ihren Lebensraum gefunden haben, aber diese Fülle an Straßentauben, die überall da herumpicken, wo irgendwas herumliegt, die selbst beim Bäcker in die Auslage mit dem Kuchen fliegen (kein Witz!), weil die Tür offen stand, das ist einfach des Guten zuviel. Solche Dreistigkeit habe ich von keiner Krähe je beobachtet, die sind eher scheu. Natürlich, Spatzen sind auch frech und versuchen im Café die Krümel vom Tisch zu klauen, aber andere Tiere, die sich so benehmen, kenne ich einfach hier nicht.
Ich bin - wie schon mehrfach gesagt - dagegen, sie langsam zu vergiften, sie abzuschießen oder irgendwie totzuschlagen, aber es muß eine Lösung für das Taubenproblem, daß m. E. wirklich existiert, gefunden werden. Die beste Lösung wäre freilich, keine Abfälle mehr herumliegen zu lassen, aber das ist in einer Millionenstadt wie Berlin undenkbar. Die Abfälle hätten auch andere Leute aus anderen Gründen gern von der Straße, aber naja...
Also, eine Lösung muß her. Wenn ich einen Wunsch hätte, dann sollte sie möglichst natürlich sein, möglichst schonend und nachhaltig, also in der Form, wie die Natur normalerweise auf Überpopulationen reagiert. Allerdings sind in unserer Zivilisation und speziell in unseren Ballungszentren Naturgesetze außer Kraft gesetzt, ein Fakt, den wir auch irgendwann einmal schmerzlich zu spüren bekommen werden, davon bin ich überzeugt.
Ich habe keine Lösung, wenn ich sie hätte, hätten wir hier kein Problem, ich äußere nur meine Meinung, daß hier dringend Hilfe erforderlich ist, nicht zuletzt für die Tauben, als Hilfe zur Selbsthilfe, denn mit ihrer unkontrollierbaren Vermehrung graben sie sich selbst das Wasser ab.
Indem wir die gichtkranken und verkrüppelten Tiere auflesen und pflegen, helfen wir vielleicht Individuen, aber nicht der Art. Ich will hier nichts kleinreden, die Bemühungen jedes einzelnen akzeptiere ich und erkenne ich an, aber das Problem sitzt eben viel tiefer und es sind nicht nur die Menschen, die die Tiere verletzen, es ist auch die Lebensweise, die die Tiere krank macht. Das muß, ohne die Taten der Tierquäler zu rechtfertigen, denn eine Rechtfertigung gibt es dafür nicht, auch einmal gesagt werden.
Im übrigen ist der Abschuß der wildlebenden Populationen an Papageien verboten. Auch wenn ihre Existenzberechtigung - nicht zuletzt von Tierschützern - heiß umstritten ist. Die Papageien "rauben" einheimischen Tieren die Nistplätze und verdrängen unsere Höhlenbrüter. Außerdem sind sie allein nach wie vor nicht überlebensfähig und auf unsere Fütterung im Winter angewiesen. Sie sind auch nicht unbedingt an das harte Klima angepaßt. Man denke nur an die zahlreichen Erfrierungen an den Zehen der Halsbandsittiche in Köln und Wiesbaden. Natürlich sind sie imposant, die Tiere in freier Natur, aber sie gehören nicht in unsere Breiten. Jetzt ist es freilich zu spät, darüber zu palavern, die vom Menschen geschaffene Population (die ersten Tiere waren entflogene und sogar gezielt ausgesetzte Tiere) kann man nicht einfach zusammenschießen, nur weil man erkannt hat, daß der Mensch hier wieder Mist gebaut hat. Aber es ist eben nicht allein erfreulich, die Vögel in freier Wildbahn zu sehen, so attraktiv das Bild auch sein mag.
Da sind wir wieder beim Punkt: der Mensch verzapft etwas und die Tiere müssen es ausbaden. Es ist immer dasselbe.
Ich denke, ich habe alles, was ich dazu zu sagen habe, geschrieben. Wenn jetzt nicht noch etwas kommt, was ich nicht unkommmentiert stehen lassen kann, werde ich für mich das Thema hier abschließen. Man wird mich nicht überzeugen können, daß es gut für die Natur, die Stadt oder auch nur für die Tauben selbst ist, wenn sie sich so wie hier vermehren. Wenn sie wirklich so naturbezogen sind, warum ziehen die Tauben nicht in den Speckgürtel um Berlin, wo Wald und Wiese und Aue und Seen und Felder sind? Warum habe ich nicht eine Taube je auf den zahlreichen Raps-, Weizen- und Gerstefeldern gleich neben der Stadt gesehen? Nein, da finde ich Störche, Reiher, Saatkrähen und zahlreiche andere gefiederte Tiere, auch Greifen, versteht sich, hauptsächlich allerdings Mäusebussarde.
Ich selbst arbeite in Berlin, wohne aber in der Nähe von Strausberg, einer mittleren Stadt. Die Hälfte meines Tages bin ich also in der Großstadt und wenn ich wie jetzt, gerade eben, meinen Blick aus dem Fenster schweifen lasse, sehe ich... (ha, Vorführeffekt)... eine Krähe, die im Gras auf und ab wandert und herumpickt, vier Stockenenten auf der Spree, eine Bleßralle... und das war's...
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Naja, wir sitzen auch recht weit im Grünen, wenn man vom "Grünen" in Berlin überhaupt sprechen darf, aber am Spreeufer wächst ein bißchen Gras und es stehen einige ältere Bäume hier.
An den Imbißständen in der Mittagspause sieht man jedenfalls immer Tauben und im Moment kann man schön die Täuberiche unterscheiden, auch als Laie, denn sie geben sich derzeit wieder mächtig Mühe, bei den Damen zu landen, wenn sie mit ihrem gefächterten Schwanz und geschwellter Brust hinterherlaufen.
Wie gesagt, gegen eine angemessene Taubenpopulation rund um Parks usw. habe ich nichts, aber im Moment - u