Verfahren gegen »Taubenkiller vom Kölner Dom« eingestellt
Erinnern Sie sich noch? Tierschützer hatten am 1. Oktober 2006 im Beisein der Polizei einen Mann überführt, der Schlüsselgewalt zum Domgelände hatte und mit noch warmen, getöteten Tauben das Gelände verließ. Endlich der Beweis, den mutmaßlichen Taubentöter und seine Auftraggeber zu überführen - so dachten wir, bis zur Hauptverhandlung im April 2008.
Der Prozess begann im Herbst 2007 und wurde vertagt, weil die als Zeugen geladenen zwei Polizeibeamten verhindert waren. Umso befremdlicher für Viele, dass jetzt die Hauptverhandlung fortgesetzt und das Verfahren eingestellt wurde, ohne auch nur einen der Beamten angehört zu haben...
Keine Unterstellungen, bitte
Es war ein Wechselspiel aus Wut, Hilflosigkeit und Trauer, das mich schüttelte, als am 18. April die Richterin des Amtsgerichts Köln dem Staatsanwalt nach etwa eineinviertelstündiger Verhandlung - ohne Anhörung aller Zeugen - die Einstellung des Verfahrens gegen den »Taubenkiller vom Kölner Dom« vorschlug und dem entsprochen wurde. Vom »Grundsatz der Verhältnismäßigkeit« bis zur »fehlenden Wiederholungsgefahr« wurden nüchterne und aus unserer Sicht wenig stichhaltige Begründungen aneinandergereiht. Also wehe demjenigen, der hier als eigentliche Gründe »Kölner Klüngel«, Skandalvermeidung - das alles geschah ja beim Weltkulturerbe Kölner Dom und im Einwirkungsbereich der Katholischen Kirche - oder Tierrechtsabwertung wegen herrenloser, unbeliebter Straßentiere vermutet.
Mutmaßungen und Fakten
Was war geschehen? Monatelang hatten Kölner Tierschützer der Bundesarbeitsgruppe Stadttauben sowie Mitarbeiter des Bundesverbandes dubiose Vorgänge im Umgang mit Stadttauben am Kölner Dom und in Bonn verfolgt. Der polnische Hausmeister eines Bonner Museums soll Unternehmen angeboten haben, gegen Entgelt Tauben einzufangen. Auch am Kölner Dom fütterte er gezielt Tauben an und verfügte über Schlüssel zu Teilen des Domgeländes. Zum Verbleib der Tauben wurde mitgeteilt, dass er sie in einen Schlag nach Polen verbringe. Eine fadenscheinige Geschichte, bei der der Verdacht der Tiertötung auf der Hand lag, aber nichts beweisbar war. Auch die Dombaumeisterin antwortete uns in einem Schreiben »Hier wurden keine Tauben getötet und es werden auch keine getötet werden«. Doch drei Kölner Tierschützerinnen legten sich couragiert über einen längeren Zeitraum auf die Lauer, bis es ihnen Anfang Oktober 2006 gelang, den Verdächtigen im Beisein der Polizei zu überführen: Beim Verlassen des Domgeländes hatte er in einem Müllsack 19 noch warme tote Tauben bei sich. Gemäß Presseberichten hatten der mutmaßliche Taubenkiller und die Dombaumeisterin dafür unterschiedliche Erklärungen parat. Der Bundesverband erstattete Strafanzeige.
»Nicht lebensnah, was Sie da erzählen«
…so wies im April der Staatsanwalt dann die Einlassung des Angeklagten zurück, ein Taubenzüchter habe ihm den Sack mit den toten Tieren zum Dom gebracht. Der Tatverdächtige brachte vor, öfter tote Tiere von Züchtern zu entsorgen, den Namen dieses Züchters wisse er jedoch nicht. Daraufhin wuchs meine Hoffnung als Zuhörerin im Gerichtssaal 217 auf eine Verurteilung, doch dann folgte die plötzliche und für den Angeklagten gänzlich folgenlose Verfahrenseinstellung. Darüber urteilen wir als Bundesverband: Das ist ein Affront gegen das Staatsziel Tierschutz im Grundgesetz. Der Staat nimmt seinen Schutzauftrag den Tieren gegenüber nicht wahr! Vielmehr wird dem mutmaßlichen Täter und der Öffentlichkeit ausdrücklich signalisiert, die brutale Taubentötung sei eine Bagatelle.
Verbandsklagerecht als erster Schritt
Da Tierschutzorganisationen bislang kein Klagerecht haben, konnte unser Bundesverband nur Strafanzeige erstatten und war am Prozess nicht beteiligt. Also konnten wir auch keine Beschwerde gegen den Verfahrensausgang einlegen. Aber wir können den Mund aufmachen und uns engagiert für die Tierschutz-Verbandsklage einsetzen. Denn ihre Einführung wäre ein erster Schritt, Tierschutzrecht besser zur Geltung zu bringen. Parallel dazu muss es für Strafverfahren in Tierschutzsachen das Nebenklagerecht der Anzeigeerstatter zugunsten der Tiere geben. Denn dann wäre dieses Verfahren nicht eingestellt worden, weil wir nicht zugestimmt hätten. So können wir nur gegen die Richterin des Amtsgerichts wegen Missachtung des Staatsziels Tierschutz Dienstaufsichtsbeschwerde erstatten - damit der Justiz dieser skandalöse Fall in Erinnerung bleibt.