Moin Mirjam!
Soll man zugeben, daß man seine Grauen bestraft?
http://vogelart.de/forum/NonCGI/wink.gif
Mit einem Nein scheint es unter den von Dir geschilderten Umständen nicht mehr getan zus ein.
Ich bin der Überzeugung, daß, wenn man mit Großpapageien die Wohnung teilt, ein bestimmtes Maß an Erziehung notwendig ist, denn sonst ist ein Zusammenleben mit Tieren dieser Größe und Kraft unmöglich.
Erziehung heißt für mich bei einem Grauen vor allem: die Rangordnung festzulegen.
Auch wenn ich nicht weiß, wie die Rangordnung innerhalb eines freilebenden Graupapageienschwarmes genau beschaffen ist -es reichen wohl die Freilandbeobachtungen für konkrete Aussagen hierzu noch nicht aus- so bin ich doch überzeugt, daß es eine Art von Rangordnung bei ihnen gibt (einige leugnen nämlich selbst das).
Auf jeden Fall aber ist es für einen Vogel im Menschenhaushalt wichtig zu erfahren, wer ranghöher, wer dominant oder der "Boss" ist - und das sind auf alle Fälle immer die Menschen.
Es geht also darum, sich gegenüber dem Vogel als ranghöher darzustellen und die dazu notwendigen Maßnahmen können zumindest aus Menschensicht durchaus als "Strafe" begriffen werden.
Ich selbst habe Gott sei Dank (noch?) keine großen Probleme in dieser Hinsicht mit meinen Grauen, aber mein zweiter Chralie hat sich besonders mir gegenüber auch eine zeitlang recht aggressiv verhalten, einschließlich einiger kleiner Scheinangriffe von hinten, und ich hatte eine zeitlang auch Probleme, ihn auf die Hand zu bekommen ohne das er hackte.
Meiner Freundin Maike gegenüber war er hingegen sehr viel zutraulicher.
Aber auf alle Fälle ist es auch besser, vorher lenkend einzugreifen.
Grundsätzlich ist meines Erachtens wichtig,
daß stets derjenige die "rangordnenden Maßnahmen" ergreift oder bestraft, der sich gegenüber dem Vogel als ranghöher darstellen muß.
Deshalb bringt es meines Erachtens relativ wenig, wenn Dein Mann Snoopy in den Käfig setzt, da Snoopy ja verstehen soll, das Du ranghöher bist als er.
Ebenfalls wichtig erscheint mir, daß die Strafe möglichst unmittelbar auf die "Untat" erfolgt und das "lange Bestrafungen" wie ein langes Einsperren im Käfig nur wenig Sinn machen, da dabei der Zusammenhang zwischen ihrem Verhalten und der Strafe verloren geht (auch wenn Graue intelligenter als Hunde sind, die einen solchen Zusammenhang ja nur wenige Sekunden lang herstellen können, so sagen selbst wohlmeinendsten Papageienexperten den Grauen "nur" die Intelligenz eines etwa dreijährigen Kindes nach und auch bei denen können die Zusammenhänge nur in einem zeitlich begrenzten Rahmen hergestellt werden).
Ich selbst habe besonders bei Charlie das Nurturing Guidance (nach Sally Blanchard) mit großem Erfolg angewandt.
(nachzulesen in einem Artikel von Liz Wilson
http://www3.upatsix.com/liz/articles/nurturing.html, allersdings in Englisch)
In Kurzfassung: dem Vogel werden vier Kommandos beigebracht: bei dem Kommando up (ich sage komm)soll er auf die Hand steigen; bei dem Kommando down (ich sage: geh) soll er von der Hand auf einen unbelebten Gegenstand, bspw. auf oder in den Käfig, steigen. Dann das Kommando "No", Nein und schließlich "okay", d.h. er kann machen, was er möchte.
Das Training sollte zuert in einem dem Vogel fremden Raum stattfinden, das er noch nicht als sein Revier ansieht. Ich habe das Trainung durch Leckerbissen als Belohnung
Charlie etwas versüßt.
Ich gebe zu, im ersten Augenblick klingt es sehr nach Dressur: Ziel des Training ist es aber eigentlich nicht, den Vogel jederzeit auf die Hand zu bekommen, wenn man es will, sondern vor allem den Vogel daran zu erinnern, wer der Ranghöhere ist. Auch ist das Steigen auf die Hand nicht als eine Strafmaßnahme zu verstehen.
Die Anfangsphase des Training ist schwierig, denn ohne Bisse geht es nicht ab. Wesentlich ist dann, das man versucht, nicht aufzuschreien, denn das kann vom Vogel mißverstanden werden: laute Geräusche sind oft für Graue mit Spiel und Spaß verbunden und manche Graue sollen sogar nur deshalb beißen, weil sie das "Aua" so toll finden.
Ein energisches "Nein" soll, so schwer es fällt, genügen.
Wenn dieses Training erfolgreich war, so ist ein geringeres Problem, wenn er sich aggressiv zeigt ihn wieder in den Käfig zu setzen. Meist reicht bereits der Befehl up und das Steigen auf die Hand, eben um den Vogel an die Rangordnung zu erinnern.
Das "in den Käfig" setzen als Strafmaßnahme kann erfolgreich sein, ich habe nur stets die Befürchtung, das man dadurch dem Vogel den Käfig als seinen notwendigen Zufluchtsort eventuell verleidet.
Andererseits: als Charlie seine "Angriffsphase" hatte, habe ich ihn auch manchmal aus der "Luft gewischt" oder am Landen auf dem Kletterbaum gehindert, so daß er erstmal ein oder zwei Runden drehen mußte; und wenn er außerhalb des Vogelzimmers (und inzwischen sind meine Grauen mehr draußen als drinnen) bspw. auf einem Regal sitzt, auf das er nicht darf, so wische ich ihn auch da heraus, ohne das er deshalb Angst vor der Hand entwickelt hätte.
(Seltsamerweise hilft es wenig, ihn auf die Hand zu nehmen, denn dann sowie kann, fliegt er wieder zurück. Wische ich ihn aber raus, habe ich längere Zeit Ruhe).
Dieses Herauswischen sehe ich übrigens in Analogie zu dem Vertreiben eines Vogel durch einen anderen dominanten Vogel von einem Ast.
Mit dem manchmal propagierten Schnabelklopfen habe ich dagegen meist nur schlechte Erfahrungen gemacht: das wird nur als Aufforderung zum Zurückbeißen angesehen und machte meine Geier nur aggressiver. Wirkungsvoller ist es da schon, wenn man den Schnabel des Vogels zwischen Daumen und Zeigefinger nimmt und er sich "herauswinden" muß. Mit einiger Übung klappt das auch ganz gut.
Tja, das war nun mein Exkurs in die Folterkammer. Aber es klingt wirklich schlimmer als es ist!!
http://vogelart.de/forum/NonCGI/smile.gif
------------------
Tschüss Rüdiger