aday schrieb:
Detlev,
das Zahlenspiel gefällt mir.
Aber
welcher "Beutevogel" der Rabenvögel wird 20 Jahre Alt?
Ich dachte an bestimmte Wiesenbrüter, Brachvögel dürften in dem Bereich liegen. Kiebitze liegen drunter.
Aber noch mal zu den Studien. Ich habe ja gar nichts gegen die Tötung von Rabenvögel wenn diese z.B. kurzfristig das Überleben einer wichtigen Population anderer Tiere sichern würde auch wenn die Ursache im Bestandsrückgang dieser Art nicht allein bei Rabenvögeln liegen würde. Aber bitte dazu muss erst ein konkreter Nachweis erfolgen das dies ein Weg ist.
Doch werfen wir da einen Blick z.B. auf den Eier-Küken-Jungtierschwund bei Kiebitzen: "Die Jungensterblichkeit ist in den ersten beiden Lebenswochen sehr hoch. Als wichtigste Ursachen kommen hierfür unmittelbare Einflüsse der Witterung und tierische Feinde, bei Populationen in intensiv genutztem Kulturland zusätzlich landwirtschaftliche Arbeiten, Nahrungsmangel durch Austrocknen der obersten Bodenschicht insbesondere nach niederschlagsarmen Wintern, Vergiftung und ungünstige Struktur des Biotops durch rasch wachsende Kulturpflanzen und Beschaffenheit des Bodens in Betracht.
Beispiele für Verlustraten und -Ursachen: Von 14 0,1 , denen keine Eier weggenommen wurden, brüteten 13 erfolgreich, das 14. verlor 3mal das Gelege. Insgesamt schlüpften aus 64 Eiern 43 (67%) Junge, pro 0,1 also 3,07. Mindestens 15 Junge verschwanden während des Führens. Von den zu Verlust gegangenen Eiern waren 2 unbefruchtet, 16 verschwanden, 2 wurden verlassen. Von 18 0,1 , denen bis zum 20. April die Eier weggenommen wurden, verließen 5 das Kontrollgebiet. Von den verbliebenen 13 wurden mindestens 47 Eier nachgelegt, wovon 42 (89%) ausfielen, also 3,23 Junge pro 0,1 . Der Bruterfolg von 6 0,1, die nach dem 19.April auf der Kontrollfläche zu legen begannen, war 3,5 Junge pro 0,1 (KLOMP 1951). Auf Wangerooge ergaben 594 Eier 485 Küken (81,5%); 4,5% der Eier waren faul, 1,5% wurden verlassen und 12,5% geraubt und vernichtet. Durch Großmöwen entstanden
jedoch hohe Jungvogelverluste (GROSSKOPF 19685*).
Im landwirtschaftlich genutzten Niederrheingebiet gingen in 4 Jahren von 936 Eiern (aus 226 Gelegen) 394 (42,1%) bis zum Schlüpfen verloren (u.a. verschwanden 10,9% während des Brütens, 4,4% wurden verlassen, 10,6% wurden durch Feld-, 2,9% durch Wiesenbearbeitung, 7,8% durch Vieh und 4,0% durch steigendes Grundwasser zerstört) und 35 weitere enthielten abgestorbene Embryonen, so daß insgesamt aus 54,2% der Eier Junge schlüpften. Van 202 Jungen wurden mindestens 20 in den ersten Tagen nach dem Schlüpfen tot im Nest gefunden. Von insgesamt durch Bestandsaufnahmen ermittelten 126 Paaren schlüpften 354 Junge, also 2,8 pro
Paar. Diesem Wert entspricht der Erfolg von 80 Wiesenbrüterpaaren, die 224
Junge (2,8 pro Paar) erbrüteten. In einem Jahr hatten dagegen 21 Feldbrüter 71 Junge (3,3 pro Paar), im anderen gingen sämtliche 25 Gelege verloren, und aus 16 Nachgelegen schlüpften 59 Junge (2,4 pro Brutpaare insgesamt; TILLMANNS, Charadrius 3,1967 und briefl.). Niedrige, zur Bestandserhaltung nicht mehr ausreichende Nachwuchsziffern (Mindestbedarf 1,4 flügge Junge pro Paar, IMBODEN 1970) wurden von MATTER (1975) im Kulturland des Schweizer Mittellandes nachgewiesen:... Die hohe Jungensterblichkeit war nur zu einem kleinen Teil auf landwirtschaftliche Arbeiten zurückzuführen. Besonders hoch waren die Verluste jüngerer Küken (wahrscheinlich als Folgen der kurzen Aktivitätszeiten und des verminderten Angebotes terrestrischer Evertebraten) bei kaltem und trockenem Wetter. Die Überlebenschance der Jungen wuchs dagegen mit der Anzahl der größeren Bodenorganismen pro Flächeneinheit, die in den obersten Bodenschichten mit der Niederschlagsmenge positiv korreliert war. ...." (Handbuch der Vögel Mitteleuropas Bd. 6, S. 450 ff.)
"Die Mortalität der Jungvögel nach Wiederfunden vom 1. August des
Geburtsjahres bis zum 31. März des folgenden Jahres, die also die zu erwartende hohe Mortalität der ersten Wochen nach dem Selbständigwerden nicht miterfaßt, beträgt im Mittel 39,7% (Britische Inseln 37,5%, Mitteleuropa 40,1%, Skandinavien 40,4%) und variiert in den einzelnen Populationen Europas zwischen 30,4 und 57,5%." (ebd.)
"Die mittlere jährliche Alterssterblichkeit nach Wiederfunden vom 1. April bis 31. März beträgt im Mittel aller europäischen Populationen 32,2% (Britische Inseln 33,9%, Mitteleuropa 29,4%, Skandinavien 33,1%). Statistisch gesicherte Unterschiede zwischen einzelnen Populationen bestehen nicht. Die jährliche Mortalität beträgt vom 2.–11. Lebensjahr (ohne signifikante Unterschiede zwischen einzelnen Altersklassen) etwa 30–36%, später etwa
43%. Die mittlere Lebenserwartung jeder Altersklasse liegt zwischen 2,1 und 2,7 Jahren. Der Anteil der Vögel im zweiten Lebensjahr umfaßt bei europäischen Kiebitzen demzufolge von August bis November 72,1–46,0%, im Dezember und Januar 45,0 bzw. 35,7% und von April bis Juli etwa 30%; Vögel im 3. Lebensjahr machen von August bis Juli etwa 16–20% aus." ebd.
"Immerhin läßt sich zeigen, daß die höhere Sterblichkeit der erstjährigen Kiebitze gleichermaßen auf eine höhere Sterblichkeit durch Jagd wie durch andere Ursachen zurückgeht und die Jagdmortalität der erstjährigen zu allen Jahreszeiten etwas höher ist als die der älteren; am stärksten ist der statistisch signifikante Unterschied im März (monatliche Jagdmortalität der
erstjährigen 4,9 %, der mehrjährigen 1,9 %), da die ad. als Folge ihrer frühen Rückkehr zu den Brutplätzen einem geringeren Jagddruck ausgesetzt sind. In den einzelnen Fundländern liegt der Anteil menschlicher Verfolgung am höchsten in Italien (91,9 %), Frankreich (83,5 %), Irland (79,1 %), Spanien/Portugal (76,6 %), Maghreb (74%) und Dänemark (59,7 %), am niedrigsten in Norwegen (0,6%), Schweden (2,4 %), den Niederlanden (3,6 %) und in Deutschland (6,4 %; nach CH. IMBODEN Mskr.)." ebd.
aday schrieb:
Wenn ich mal ganz viel Lust und Zeit habe, programmiere ich mal wieder so ein Model. Du wirst dich wundern, was da raus kommt. Die Werte müßtest du mir aber dann noch besorgen, von wegen Anfangsbestand, Eizahl, Stand- oder Zugvogel, durchschnittliche Wintersterblichkeit, sonstige Verluste und natürlich können wir dann noch die Bestandszahlen der Rabenvögel eingeben....
Was jetzt noch fehlt denke ist ist der Anfangsbestand. Für Kiebitze habe ich nur grobe ältere Angaben 380-530.000 BP in Europa, davon 2/3 in NL, D und Polen. (Kompendium der Vögel Mitteleuropas) Ich denke man sollte einfach testhalber für D 1/3 ansetzen und den Landkreis Leer als doppelten Flächenanteil überschlagen (weil Süddt. ist fast nicht besiedelt).
Eckdaten zur Brutbiologie: Geschlechtsreife im 1. Lebensjahr; viele Kiebitze brüten aber erstmals im 3. Kalenderjahr, in der Regel monogame Saisonehe; in Jahren mit hohem Anteil von Ersatzgelegen in größeren Kolonien wahrscheinlich nicht selten Brutehen.
Ach so, wenn ich wäre an deinen Formeln interessiert, ich muss da noch für eine andere Vogelart was überschlagen und bei der sind 2,0 Jungtiere, Verlußte von 50% durchaus realistisch.
Gruesse,
Detlev