Moin Anke!
Ich will vorausschicken, das ich keinem hier Leichtfertigkeit im Umgang mit seinen Geiern vorwerfen will.
>>Aber mich erstaunten ehrlich die vielen Antworten, in denen alle mir rieten, es zu versuchen, ihn zusammen mit meinen Sittichen zu halten.<<
Mich auch.
>>Wie beurteilst Du das? War das Leichtsinn, mir das zu raten?<<
So, wie ich Rosellas kennengelernt habe, leibhaftig und in der Literatur, wenn auch nicht als Halter, halte ich es schon für leichtsinnig, ja. Eigentlich kenne ich selbst kein brutlustiges Roesllapärchen, das sich mit anderen Papageienarten zusammenhalten läßt - wie gesagt: meist war eine doppelte Verdrahtung notweendig, um Papageien in einer nachbarvoliere zu schützen. Klar, auch das sind letztlich Einzelerfahrungen, aber durch die Bestätigung in der Literatur glaube ich dennoch mit einem gewissen Recht eine Tendenz daraus ableiten zu können.
>>Soll man solche Versuche von vorneherein lieber lassen, trotz der vielen positiven Erfahrungsberichte?<<
Wenn bestimmte Haltungsvoraussetzungen vorliegen - ausreichende
Volierengröße, viel Kontakt zu den Vögeln, um Konflikte früh genug zu erkennen, angemessene Unterbringungsmöglichkeiten bei einer Trennung der Tiere -und wenn es keine andere Möglichkeit gibt, dann kann man schon einen Versuch machen. Ich halte den Versuch aber immer für einen Notbehelf und eigentlich nicht für eine Dauerlösung. Vor allen Dingen auch deshalb nicht, weil es nur begrenzt in der Hand des Halters liegt, ob ein Vogel(paar) in Brutstimmung gerät oder nicht. Auf alle Fälle hat es nichts mit dem Fehlen oder Vorhandensein einer Zuchtabsicht zu tun. Was also, wenn Rosellas und Nymphen friedlich miteinander leben und dann die Rosellas brüten wollen und die Nymphen zu vertreiben suchen? Darauf muß man dann vorbereitet. Und ich halte es wirklich für die große Ausnahme, daß der körperlich überlegene Rosella vor dem in der überwiegenden Mehrzahl friedfertigen Nymph Angst hat.
Ich bin zwar kein grundsätzlicher Gegner der Vergesellschaftung unterschiedlicher Arten, vor allem dann nicht, wenn sie auch im Freileben aufeinanderstossen. Da sehe ich manchmal sogar Vorteile, weil es den Vögeln zusätzliche Reize verschafft und sie eventuell sogar Verhaltensweisen zeigen können, die bei "artgetrennten" Unterbringung nicht möglich sind. Bei einigen Papageienarten wie den Kakadus liegt sogar der Verdacht nahe, das sie Rivalen oder Konkurrenten in ihrer Umgebung brauchen, damit sie die in der Brutzeit zunehmenden Aggressionen des Hahnes nicht gegen die Henne richten.
Dennoch ist bei jeder Art von Vergesellschaftung Vorsicht geboten: meine Freundin hat sich in die noch kleineren Stanleysittiche (auch Plattschweifsittiche) verguckt. Die einzige Unterbringungsmöglichkeit wäre aber hier bei uns zur Zeit die bei den Singsittichen, Nymphen und Wellis - dies aber will ich nicht riskieren.
Wie Du siehst, habe auch ich eine "Gesellschaftsvoliere" und zu meiner eigenen Überraschung klappt es hervorragend.
Jedoch haben wir, da Wohnungshaltung, die Vögel fast ständig im Auge und ich bin darauf vorbereitet, sollten meine Singer in Brutstimmung kommen, sie extra zu setzen, auch wenn das eine zusätzliche Einschränkung für uns bedeutet. Und ich würde anderen niemals empfehlen, Singsittiche mit Nymphen und wellis, nur weil es bei mir klappt.
Ebenso habe ich gute Erfahrungen bei der Vergesellschaftung von Nymphen, Wellis und Springsittichen gemacht und sogar von Nymphen, Wellis und Kanarien.
Trotzdem: eigene Erfahrungen können sehr täuschen, wie ich auch bei den Nymphen erleben mußte. Ich selbst habe niemals Probleme bei der Verpaarung von Nymphen gehabt - neue Vögel wurden zusammengesetzt und das war es - es gab niemals richtigen Streit, höchstens mal eine kurze Zeit des Weghackens, wenn einer dem anderen zu nahe kam, und des gegenseitigen Ignorierens. Mit Erstaunen habe ich dann hier im Nymphenforum gehört, wieviele Probleme mit der Verpaarung ihrer Nymphen gehabt haben. Seitdem bin ich da etwas vorsichtiger mit meinen Äußerungen.
>>Oder gibt es Anhaltspunkte, woher aggressive Reaktionen kommen könnten und wie man sie umgehen kann?<<
Nun, ich sehe bei den Plattschweifsittichten aggressive Reaktionen auf Artgenossen und andere Papageienarten als mögliche Rivalen um Futter- und Nistplätze als ein völlig natürliches Verhalten an - sie beruhen m.E. auf einer biologischen Notwendigkeit und sind ein Ergebnis der Anpassung und Evolution, nicht eine Folge der Haltung in Menschenhand.
Im Freileben mit den Fluchtmöglichkeiten der unterlegenen Rivalen und Arten bildet diese Verhaltensweise wohl auch kein Problem, dieses tritt erst in der beengten Haltung in
Volieren auf. Von daher glaube ich auch kaum, das man sie "umgehen" kann, da aggressive Reaktionen eben zum natürlichen Verhaltensrepertoire gehören. Und ich glaube auch, aggressive Reaktionen kommen gerade beim Vorhandensein eines Partners vor, da damit auch die Chancen, das sie in Brustimmung kommen, setigen.
Wie können dann die optimalen Bedingungen bei einer Gemeinschaftshaltung aussehen? Eigentlich nicht anders, als das man so große
Volieren schafft, das ausreichend Rückzugs-und Fluchtmöglichkeiten vorhanden sind. Das wiederum kann
sich kaum einer leisten. Also ist die optimale Haltung wohl eher die, Rosellas von anderen Arten zu trennen, zumindest während der Brutzeit.
>>In Pippos Fall tippe ich darauf, daß er einfach Anschluß suchte und da ich ihm bei mir zu Hause keine Partnerin bieten konnte, er sich auf meine Nymphensittiche konzentrierte.<<
Ja, das halte ich auch für wahrscheinlich.
Vielleicht ist es möglicherweise aber inzwischen auch so, das viele Rosellas u.a. Plattschweifsittiche aufgrund einer züchterischen Auswahl ein geringeres "Aggressionspotential" aufweisen als früher, einfach weil die weniger aggressiven Vogelindividuen leichter zur Brut in Menschenhand schreiten als die aggressiveren. Rein spekulativ, aber vorstellbar und eine Erklärung für die doch überraschend häufigen positiven Berichte. Wer weiß?