Hilfe für alte Dame!!!
Hallo, Anke!
Ob Tiere in der Mietwohnung erlaubt sind oder nicht, regelt meines Wissens kein Gesetz. Im Paragraphen 550 des BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) steht sinngemäß, daß der Vermieter auf Unterlassung klagen kann, wenn der Mieter seine Wohnung vertragswidrig gebraucht. Ob man nun bei Haustierhaltung von vertragswidrigem Gebrauch sprechen kann, darüber läßt sich streiten. Letzten Endes entscheidet der Mietvertrag, ob die Tierhaltung erlaubt ist oder nicht.
Fest steht, daß ein generelles Verbot der Tierhaltung unzulässig ist.
In den nachfolgenden Ausführungen stehen jeweils die Gerichte mit den betreffenden Aktenzeichen in Klammern. Es wäre sicherlich von Vorteil, wenn Dir diese für den Notfall, z. B. wenn der alten Dame eine Abmahnung oder eine Räumungsklage ins Haus flattern sollte, vorliegen würden. Du kannst die betreffenden Gerichte anschreiben, diese werden Dir dann gegen Zahlung der Auslagen (DM 1,00 pro Kopie) die Abschrift des Urteiles zusenden. Ich würde mich an Deiner Stelle schnell darum kümmern, denn es kann Wochen dauern, bis Du so ein Urteil bekommst. Die Mühlen der Justiz mahlen manchmal langsam... Natürlich auch an Dich das Angebot, daß ich im Bedarfsfall die Adressen raussuche!
Wie sieht es mit dem Mietvertrag der alten Dame aus? Ist dort die Haltung von Tieren verboten? Nach der Rechtsprechung gehört die Haltung von Haustieren zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache und ist daher ohne Genehmigung zulässig (z. B. LG Düsseldorf, WuM 1993/604). Das Verbot jeglicher Tierhaltung durch AGB ist nach Par. 9 AGBG unwirksam (BGH DWW 1993/74). Eine solche Klausel ist unzulässig, braucht also nicht beachtet zu werden. Dagegen wird das Verbot der Haltung von Haustieren (nicht aber von Kleintieren) für zulässig erachtet (LG Hamburg WuM 1993/120, BVerfG WuM 1981/77).
Unter
http://www.anwaltonline.com habe ich gefunden, daß Mieter in ihrer Wohnung Haustiere halten dürfen, sofern diese die übrigen Hausbewohner nicht erheblich belästigen und im Mietvertrag nichts anderes vereinbahrt wurde. Gegen Kleintiere, etwa Kanarienvögel oder Zierfische, kann ein Vermieter in keinem Fall etwas einwenden. Verschiedene Gerichte erklärten Klauseln für unwirksam, die zwischen kleinen und größeren Haustieren unterscheiden. Der Bundesgerichtshof (VIII ZR 10/92) wies den Passus "Das Halten von Haustieren ist unzulässig" zurück. Ebenso beurteilte das Amtsgericht Köln (213 C 369/96) die Klausel "Tierhaltung bedarf grundsätzlich der Genehmigung des Vermieters" als unwirksam.
Unter
http://www.guterrat.de habe ich folgendes gefunden: Kleintiere oder Haustiere, die in einem Käfig leben, dürfen fast immer in der Wohnung gehalten werden. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil entschieden. Das gilt selbst dann, wenn im Mietvertrag die Tierhaltung ausdrücklich verboten oder von der Erlaubnis des Vermieters abhängig ist (BGH, WM 93, 109).
Das Problem besteht in diesem Fall wohl darin, zu definieren, ob Tauben noch als Kleintiere gelten. Das AG Köln hat entschieden, daß Elstern und Leguane als Kleintiere zu behandeln sind, die im Käfig erlaubt sind (AG Köln 205 C 130/83 WM 84, 78 ). Was die Größenverhältnisse angeht, so sind diese bei Elster und Taube nicht sehr abweichend.
Wenn Du, wie Du sagst, einen Käfig gebaut hast, kann dieser ja auf Verlangen vorgezeigt werden, und wenn sich der Vermieter überzeugen will, müssen die Tauben halt mal in den Käfig „gesteckt“ werden. Sobald er die Tür draußen ist, könnt ihr sie ja wieder fliegen lassen. Davon abgesehen: Unangemeldete Kontrollbesuche stehen dem Vermieter ohnehin nicht zu. Kein Mensch kann doch auf die Dauer kontrollieren, ob die Tauben in der Wohnung umherfliegen oder im Käfig sind. Zeig den Käfig her, damit sich die Gemüter beruhigen, vielleicht hat sich dann die Sache von selbst.
In vielen Urteilen geht es um Geruchs- bzw. Lärmbelästigung. Die gehen von 2 Tauben beim besten Willen nicht aus, und wie Du schreibst, sind beide Tiere gesund, also auch keine Gefahr für die Mitmieter, zumal die Tiere die vier Wände der alten Dame wohl nicht verlassen.
Ich würde Dir raten, von Deinem Tierarzt ein Attest ausstellen zu lassen, daß beide Tiere einwandfei gesund sind und keine Gefahr für die Mitmieter darstellen. Vielleicht kannst Du ein Schreiben aufsetzen, daß der Tierarzt dann nur noch unterschreiben muß. Wenn es nicht so viel Arbeit für den Vet macht, macht er wahrscheinlich keine Probleme.
Desweiteren wäre es von Vorteil, wenn Du Leute organisieren könntest, die an Eides statt versichern, daß die Wohnung der alten Dame in einem gepflegten Zustand ist und die Tiere an der Wohnung keinerlei Schaden angerichtet haben bzw. anrichten. Die Abgabe einer Versicherung an Eides statt hat nichts mit dem Offenbarungseid zu tun, hier geht es lediglich darum, daß „geschworen“ wird, daß das ausgestellte Schreiben die Wahrheit beinhaltet und daß man die Aussage zur Not auch vor Gericht unter Eid wiederholen würde. Wenn Du eine größere Anzahl dieser Versicherungen an Eides statt vorlegen kannst, dann kannst Du dem Vermieter und den Mitmietern ganz schnell den Wind aus den Segeln nehmen und sie unglaubwürdig erscheinen lassen.
Weiterhin wäre es vielleicht sinnvoll, den Hausarzt der alten Dame anzusprechen und um Ausstellung eines Attestes zu bitten, daß besagt, daß die Haustierhaltung in diesem Fall aus gesundheitlich-psychischen Gründen notwendig ist (AG Bonn 8 C 731/93 WM 94, 823).
http://www.guterrat.de schreibt: Streiten sich Vermieter und Mieter um die Haltung eines solchen Kleintieres, sprechen die Richter meist dem Mieter Recht zu. Mieter dürfen gegen den Willen des Vermieters ein Haustier halten, wenn es aus gesundheitlichen Gründen erforderlich ist (LG Berlin, Az. 64 S 447/93).
Die alte Dame hat ja in den Tauben die einzige Ansprache und es würde schon an seelische Grausamkeit grenzen, sie ihr wegzunehmen.
Bei
http://www.focus-online.de steht, daß verschiedene deutsche Gerichte dem Vermieter das Recht abgesprochen haben, ihren Mietern Haustiere zu verbieten. Das Amtsgericht Essen entschied zum Beispiel, daß Mieter in ihrer Wohnung Eidechsen beherbergen dürfen, auch wenn im Mietvertrag ausdrücklich die Zustimmung des Vermieters vorgeschrieben ist (Aktenzeichen: 9 C 109/95). Gegen die völlig harmlosen Tierchen sei nichts einzuwenden, meinten die Richter, solange sie die Nachbarn nicht belästigten und die Wohnung nicht beschädigten.
Unter
http://www.finanztip.de fand ich ein Urteil daß besagt, daß wenn von einer Tierhaltung - hier: Haltung einer Schlange - keinerlei objektive Gefahren ausgehe, und keine Belästigungen der Umwelt durch Geräusche und Emissionen vorliegen, so kann der Vermieter den tierhaltenden Mieter zur Abschaffung des Tieres nicht unter Hinweis darauf auffordern, daß sich andere Mieter im Haus vor dem Tier ekeln. (Amtsgericht Bückeburg, Urteil vom 12.10.1999, Aktenzeichen: 73 C 353/99 (VI)). Überempfindlichkeiten einzelner Mitmieter, seien sie nun physischer oder aber auch psychischer Natur, treffen grundsätzlich den unmittelbaren Verantwortungsbereich der hiervon betroffenen Personen. Eine besondere Rücksichtnahme und Einschränkung des eigenen Freiheitsbereichs kann seitens dieser betroffenen Person von Dritten nicht gefordert werden. Hieraus folgt sodann auch, daß der Vermieter, sollten derartige überempfindliche Personen in seinem Objekt wohnen, sich nicht zum "Anwalt" dieser Mieter machen kann, um gegen den anderen Mieter vorzugehen.
Anders ist sicherlich dann zu entscheiden, wenn es zu spürbaren Beeinträchtigungen durch die Tierhaltung kommt, insbesondere ein gefährliches Raubtier gehalten wird.
Bei ruhigen, friedlichen Tieren kann der Mieter davon ausgehen, daß der Vermieter nichts gegen deren Haltung hat.
Duldet der Vermieter z. B. einen Hund längere Zeit stillschweigend, gilt auch das als Zustimmung (LG Essen, WM 86, 117). Vielleicht kann man ihn damit kriegen? Wenn die Dame die Tauben nun schon über 2 Jahre hat, und der Vermieter hat sich vorher nicht beschwert, dann kann man dies als Zustimmung deuten.
Gelegentliches Hundegebell und Vogelgezwitscher gehören für Großstadtrichter z.B. in einem größeren Haus mit vielen Wohnungen zur hausüblichen Geräuschkulisse (AG Hamburg-Wandsbek WM 91, 94; AG Frankfurt/Main, WM 78, 127). Das Gurren, daß von 2 Tauben ausgeht, dann bestimmt auch!
Und noch etwas könnte interessant sein: Haben einige Mieter im Haus ein Haustier (Hund, Katze, Papagei), dann darf der Vermieter nicht willkürlich dem einzelnen die Tierhaltung verbieten (LG Berlin, WM 87, 213).
Wenn noch Fragen bestehen, nur her damit. Ich werde versuchen, sie zu beantworen. Ich habe 4 Jahre in einer Anwaltskanzlei gearbeitet und habe so ein bischen Hintergrundwissen. Natürlich kann ich das nicht alles aus dem Kopf beantworten, aber ich habe Literatur, wo ich nachschauen kann, und im Notfall auch einen Anwalt im Bekanntenkreis, den ich fragen könnte.
Hoffentlich kannst Du dem Vermieter mit diesen Infos genügend Paroli bieten. Ich drück Dir die Daumen!
Liebe Grüße,
Marina