Gänseerpel
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Gibt es Parallelen der Grippe von 1918 zu H5N1?
Die Spanische Grippe (H1N1) die 1918 schätzungsweise 50 Millionen Menschen tötete, wurde von Influenza- Viren ausgelöst, die aus Wildvögeln auf den Menschen übergesprungen waren. H5N1 kann bekanntlich nicht von Mensch zu Mensch („H2H“) übertragen werden.
Doch wie hoch ist diese Hürde noch? Was unterscheidet H5N1 vom 1918er Virus? Welche Genmutationen braucht es, um aus dem Vogelvirus einen Menschenkiller zu machen?
Mitte der 1990er Jahre machte sich der Molekularbiologe Jeffrey Taubenberger daran, nach Resten des Killers von 1918 zu suchen.. Er hatte Glück, fand Reste der Virus-Gene in alten Gewebeproben und rekonstruierte daraus infektiöse Partikel. Anfang 2005 infizierte Taubenberger Mäuse mit den so erweckten Viren der Spanischen Grippe und bekam einen Eindruck von der Katastrophe, die sich 1918 zugetragen hat: Alle Tiere sterben binnen weniger Tage. Kein anderes Influenza-Virus kann so schnell töten, kein anderes vermehrt sich so explosionsartig, kein anderes ist so infektiös. Taubenberger hat vor allem zwei Gene im Verdacht, Ursache dieser Aggressivität zu sein: das Hämagglutinin- und das Polymerase-Gen.
Hämagglutinin ist der Enterhaken des Erregers. Ist das Virus erst mal im Nebel eines Niesers auf die Schleimhäute von Mund, Nase oder Rachenraum geraten (Tröpfcheninfektion), koppelt es über dieses Molekül an die Wirtszellen. Dort hinein kommt das Virus allerdings nur, wenn das Hämagglutinin in zwei Hälften geschnitten wird. Dazu braucht es molekulare Scheren, so genannte Proteasen. Paradoxerweise sind es Proteasen der Wirtszellen, die das Hämagglutinin spalten und das Virus aktivieren. Je nachdem, wie viele passende Proteasen in den Zellen und Körperflüssigkeiten des Wirts schwimmen und wie effizient die Spaltung abläuft, breitet sich das Virus langsam oder rapide und bis in den letzten Winkel des Wirtsorganismus aus. Beim H1N1-Virus von 1918 scheint die Schnittstelle im Hämagglutinin für viele verschiedene Proteasen leicht zugänglich zu sein, wodurch besonders viele Viren aktiviert werden.
Das erklärt die hohe Infektiösität des 1918er Virus. Schätzungen nach könnte damals ein Viertel der Menschheit von H1N1 infiziert worden sein. Bei H5N1 sei die Schnittstelle im Hämagglutinin ähnlich leicht zugänglich. Noch ist es schwierig, aus den Daten Rückschlüsse auf die Gefährlichkeit der Vogelgrippe H5N1 für den Menschen zu ziehen, einige beunruhigende Mutationen im Hämagglutinin der Vogelgrippe geben aber Amlass zur Beunruhigung. Neben dem Hämagglutinin macht Taubenberger auch Veränderungen in dem Protein, das das Viruserbgut kopiert, für die Aggressivität der Spanischen Grippe verantwortlich. An fünf Positionen in der Polymerase finden sich bei dem 1918er-Virus die eigentlich für menschliche Viren typischen Proteinbausteine,. Ob dieses veränderte Protein nun den Kopiervorgang des Viruserbguts beschleunigt oder der zellulären Verteidigungsmaschinerie besser trotzt, ist offen. Nicht alle, aber einige dieser Anpassungen fand Taubenberger auch bei der Polymerase der Vogelgrippe H5N1.
All das lässt jedoch keine Rückschlüsse darauf zu, welche Anpassungen dem H5N1-Vogelgrippe-Virus noch fehlen, um so aggressiv zu werden wie einst die Spanische Grippe. Offenbar müssen mehrere Mutationen in verschiedenen Genen zusammenwirken, damit das Vogelgrippevirus auch von Mensch zu Mensch springen kann,.
Doch je mehr Vögel oder Menschen mit H5N1 infiziert werden, umso mehr Trainingsmöglichkeiten bekommt das Virus. Je häufiger ein Virus mit einem neuen Wirt in Kontakt tritt, desto höher ist die Chance, dass es sich dort nach einer Gewöhnungsphase immer flotter vermehrt. Denn bei jeder Infektion eines Menschen mit H5N1 werden Millionen von Virusmutanten produziert, wobei besser angepasste Erreger entstehen können -– auch der Keim für eine neue weltumspannende Pandemie.
Bislang ging man davon aus, dass H5N1 den gefährlichen Sprung vom Vogel zum Menschen am ehesten dann schaffen könnte, wenn es zu einer Mischinfektion (=Reassortment) mit humanen Grippeviren und dem H5N1-Virus in einem Opfer kommt. Dabei würden die jeweils acht RNA-Fragmente der zwei Virentypen zufällig gemischt, wenn sie die gleiche Zelle befallen haben. Derartige Virus-Chimären waren Ursache für die Pandemien von 1957 ("Asiengrippe") und 1968 ("Hongkong-Grippe"). "Die Pandemie von 1918 ist aber nicht durch ein Mischvirus aus menschlicher und Vogel-Influenza entstanden", sagt Taubenberger.
Das Erbgut des alten Killers sei dem von Vogelgrippeviren viel ähnlicher als dem humaner Varianten. Nur in einigen wenigen Abschnitten des Erbguts seien die gleichen Bausteine wie bei menschlichen Viren zu erkennen - offenbar jene Mutationen, die eine Anpassung an den Menschen ermöglichen. Das bedeutet: Es gibt mehr als eine mögliche Ursache für eine Pandemie, und H5N1 stehen alle Wege offen
http://www.heise.de/tr/artikel/66368/0
Asiengrippe:1957 bis 1958 Subtyp H2N2, Vogelgrippevirus, enstanden in China 1957. Weltweite Ausbreitung, bis zur Entwicklung eines Impfstoffs ca 4 Mio Tote. Der Subtyp entwickelte sich später via antigenshift zu
http://en.wikipedia.org/wiki/Asian_Flu
H3N2, Hongkong Grippe die sich 1968 bis 1969 weltweit ausbreitete. 700000 bis 2 Mio tote, allein in den USA 34000. Wegen der Ähnlichkeit zu H2N2 bestanden in der Bevölkerung noch Antikörper gegen die Pandemie von 1957. So erklärt man sich den vergleichsweise „milden“ Verlauf.
http://en.wikipedia.org/wiki/Hong_Kong_Flu
Von Oktober 2004 bis Februar 2005 wurden ca 3700 Testsätze des 1957 Virus versehentlich in Laboratorien der ganzen Welt versandt. Die US Regirung rief die Proben später zurück und veranlaßte ihre Vernichtung
I had a little bird, its name was Enza, I opened the window, and in-flew-enza. (Kinderreim, 1918 )
Die Spanische Grippe (H1N1) die 1918 schätzungsweise 50 Millionen Menschen tötete, wurde von Influenza- Viren ausgelöst, die aus Wildvögeln auf den Menschen übergesprungen waren. H5N1 kann bekanntlich nicht von Mensch zu Mensch („H2H“) übertragen werden.
Doch wie hoch ist diese Hürde noch? Was unterscheidet H5N1 vom 1918er Virus? Welche Genmutationen braucht es, um aus dem Vogelvirus einen Menschenkiller zu machen?
Mitte der 1990er Jahre machte sich der Molekularbiologe Jeffrey Taubenberger daran, nach Resten des Killers von 1918 zu suchen.. Er hatte Glück, fand Reste der Virus-Gene in alten Gewebeproben und rekonstruierte daraus infektiöse Partikel. Anfang 2005 infizierte Taubenberger Mäuse mit den so erweckten Viren der Spanischen Grippe und bekam einen Eindruck von der Katastrophe, die sich 1918 zugetragen hat: Alle Tiere sterben binnen weniger Tage. Kein anderes Influenza-Virus kann so schnell töten, kein anderes vermehrt sich so explosionsartig, kein anderes ist so infektiös. Taubenberger hat vor allem zwei Gene im Verdacht, Ursache dieser Aggressivität zu sein: das Hämagglutinin- und das Polymerase-Gen.
Hämagglutinin ist der Enterhaken des Erregers. Ist das Virus erst mal im Nebel eines Niesers auf die Schleimhäute von Mund, Nase oder Rachenraum geraten (Tröpfcheninfektion), koppelt es über dieses Molekül an die Wirtszellen. Dort hinein kommt das Virus allerdings nur, wenn das Hämagglutinin in zwei Hälften geschnitten wird. Dazu braucht es molekulare Scheren, so genannte Proteasen. Paradoxerweise sind es Proteasen der Wirtszellen, die das Hämagglutinin spalten und das Virus aktivieren. Je nachdem, wie viele passende Proteasen in den Zellen und Körperflüssigkeiten des Wirts schwimmen und wie effizient die Spaltung abläuft, breitet sich das Virus langsam oder rapide und bis in den letzten Winkel des Wirtsorganismus aus. Beim H1N1-Virus von 1918 scheint die Schnittstelle im Hämagglutinin für viele verschiedene Proteasen leicht zugänglich zu sein, wodurch besonders viele Viren aktiviert werden.
Das erklärt die hohe Infektiösität des 1918er Virus. Schätzungen nach könnte damals ein Viertel der Menschheit von H1N1 infiziert worden sein. Bei H5N1 sei die Schnittstelle im Hämagglutinin ähnlich leicht zugänglich. Noch ist es schwierig, aus den Daten Rückschlüsse auf die Gefährlichkeit der Vogelgrippe H5N1 für den Menschen zu ziehen, einige beunruhigende Mutationen im Hämagglutinin der Vogelgrippe geben aber Amlass zur Beunruhigung. Neben dem Hämagglutinin macht Taubenberger auch Veränderungen in dem Protein, das das Viruserbgut kopiert, für die Aggressivität der Spanischen Grippe verantwortlich. An fünf Positionen in der Polymerase finden sich bei dem 1918er-Virus die eigentlich für menschliche Viren typischen Proteinbausteine,. Ob dieses veränderte Protein nun den Kopiervorgang des Viruserbguts beschleunigt oder der zellulären Verteidigungsmaschinerie besser trotzt, ist offen. Nicht alle, aber einige dieser Anpassungen fand Taubenberger auch bei der Polymerase der Vogelgrippe H5N1.
All das lässt jedoch keine Rückschlüsse darauf zu, welche Anpassungen dem H5N1-Vogelgrippe-Virus noch fehlen, um so aggressiv zu werden wie einst die Spanische Grippe. Offenbar müssen mehrere Mutationen in verschiedenen Genen zusammenwirken, damit das Vogelgrippevirus auch von Mensch zu Mensch springen kann,.
Doch je mehr Vögel oder Menschen mit H5N1 infiziert werden, umso mehr Trainingsmöglichkeiten bekommt das Virus. Je häufiger ein Virus mit einem neuen Wirt in Kontakt tritt, desto höher ist die Chance, dass es sich dort nach einer Gewöhnungsphase immer flotter vermehrt. Denn bei jeder Infektion eines Menschen mit H5N1 werden Millionen von Virusmutanten produziert, wobei besser angepasste Erreger entstehen können -– auch der Keim für eine neue weltumspannende Pandemie.
Bislang ging man davon aus, dass H5N1 den gefährlichen Sprung vom Vogel zum Menschen am ehesten dann schaffen könnte, wenn es zu einer Mischinfektion (=Reassortment) mit humanen Grippeviren und dem H5N1-Virus in einem Opfer kommt. Dabei würden die jeweils acht RNA-Fragmente der zwei Virentypen zufällig gemischt, wenn sie die gleiche Zelle befallen haben. Derartige Virus-Chimären waren Ursache für die Pandemien von 1957 ("Asiengrippe") und 1968 ("Hongkong-Grippe"). "Die Pandemie von 1918 ist aber nicht durch ein Mischvirus aus menschlicher und Vogel-Influenza entstanden", sagt Taubenberger.
Das Erbgut des alten Killers sei dem von Vogelgrippeviren viel ähnlicher als dem humaner Varianten. Nur in einigen wenigen Abschnitten des Erbguts seien die gleichen Bausteine wie bei menschlichen Viren zu erkennen - offenbar jene Mutationen, die eine Anpassung an den Menschen ermöglichen. Das bedeutet: Es gibt mehr als eine mögliche Ursache für eine Pandemie, und H5N1 stehen alle Wege offen
http://www.heise.de/tr/artikel/66368/0
Asiengrippe:1957 bis 1958 Subtyp H2N2, Vogelgrippevirus, enstanden in China 1957. Weltweite Ausbreitung, bis zur Entwicklung eines Impfstoffs ca 4 Mio Tote. Der Subtyp entwickelte sich später via antigenshift zu
http://en.wikipedia.org/wiki/Asian_Flu
H3N2, Hongkong Grippe die sich 1968 bis 1969 weltweit ausbreitete. 700000 bis 2 Mio tote, allein in den USA 34000. Wegen der Ähnlichkeit zu H2N2 bestanden in der Bevölkerung noch Antikörper gegen die Pandemie von 1957. So erklärt man sich den vergleichsweise „milden“ Verlauf.
http://en.wikipedia.org/wiki/Hong_Kong_Flu
Von Oktober 2004 bis Februar 2005 wurden ca 3700 Testsätze des 1957 Virus versehentlich in Laboratorien der ganzen Welt versandt. Die US Regirung rief die Proben später zurück und veranlaßte ihre Vernichtung