@Hobbit
Ich sage es mal populärwissenschaftlich um verständlich zu bleiben:
In der Natur verbringen beide Geschlechter des Wellensittichs außerhalb der Fortpflanzungszeit, also im Überlebensmodus, den ganzen Tag damit, Futter und Wasser in der Menge zu finden, daß sie überleben. In der Regel finden sie nicht genug und stellen ihre Körperfunktionen "auf Sparflamme" um bzw. schalten manche Organe ganz oder teilweise ab, um Energie zu sparen. Wer weniger Energie verbraucht, kommt mit weniger Futter aus. Es gibt weitere zusätzliche Mechanismen zum Energiesparen, daß würde jetzt aber zu weit führen.
Das Problem der Gefangenschaftshaltung in unseren Breiten (feuchtes Klima) ist, daß sowohl einzeln als auch die in der Gruppe gehaltenen Wellensittiche schon bei normaler Nur-Körnerfütterung in den Fortpflanzungsmodus geraten, also auch alle Körperfunktionen und Organe hochgefahren haben, weil sie quasi "auf Futter und Wasser sitzen wie im Garten Eden", gewissermaßen ständig im Energieüberfluß leben. Viele Tiere zeigen dabei zwangsläufig schon ein mehr oder weniger ausgeprägtes Imponier- und Balzgehabe.
Grünfütter, Eiweißreiche Kost, Vitamine, andere Vögel in der Gruppe u.v.m. steigern den Fortpflanzungstrieb immer weiter, manchmal wohl ins unermeßliche.
Und dann darf der Vogel seinem Bruttrieb nicht mal ausleben, weil der Halter nicht züchtet.
Wenn ich solch einen Vogel bildlich mit einem Formel-I-Rennwagen gleichsetze, dann heißt dies so viel wie, mit durchgetretenem Gaspedal und gleichzeitig angezogenen Bremsen über die Piste zu schleichen.
Jeder kann sich ausmalen, wie lange die Maschine des Rennwagens hält. Bei unseren Vögeln verhält es sich ähnlich, nur daß eben nicht Kolben, Dichtungen, Ventile etc. sondern Organe vorzeitig "den Geist" aufgeben (Hoden, Nieren, Schilddrüse, Knochen [Hyperostose]). Bevorzugt solche, welche im Fortpflanzungsmodus gebraucht werden. (Auch die Knochen spielen dabei im besonderen bei den Hennen eine wichtige Rolle als Calciumspeicher)
Zwei Hähne (in deinem Beispiel) tuen dann das, was Du beschreibst, sie klären durch Imponieren und wenn dies nicht reicht durch Kampf die Rangfolge unter ihnen. In Freiheit kann der Schwächere durch Flucht ausweichen, wenn es blutig wird - in der
Voliere manchmal nicht.
In der Natur geschiet dies ebenso - die Ranghöchsten Hähne nehmen nach Klärung der Rangordnung die besten Bruthöhlen in Besitz. Erst dann beginnt das Zur-Schau-Stellen vor den Hennen der Gruppe.
Diese ihrerseits wählen dann den besten Hahn (in ihren Augen) aus, u.a. nach der "Güte der Bruthöhle", des Ranges, der Gesichtszeichnung (deshalb die Hochzeitsmauser) und der Intelligenz. Sie folgen dem Hahn dabei zu dessen Bruthöhle, inspizieren dieselbe und nehmen sie bei Gefallen unverzüglich in Besitz.
Haben zwei oder mehr Hennen den gleichen Geschmack, was den auserkorenen Hahn anbetrifft, regeln die Hennen ihre Rangordnung unter sich, dabei geht es in der Regel nicht so sanft und zimperlich, wie unter Hähnen, zu.
Die stärksten und intelligentesten Hähne finden sich so am schnellsten mit den stärksten und besten Hennen zusammen und haben den Vorteil als erste Paare die Brut zu beginnen und dabei die besten Bruthöhlen (die größten, die sichersten) zu benutzen. Dadurch haben sie mehr und besonders schneller Nachkommen als andere Paare, was besonders bei anhaltender guter Futtersituation ein bedeutender Vorteil gegenüber anderen Paaren und im evolutionären Sinne ist.
In der Natur braucht es eine Weile bevor das Imponieren, Balzen und Treten einsetzt, damit sich die Hormonkreisläufe der Tiere umstellen und die "abgeschalteten" Organe wieder ihre Funktionstüchtigkeit erlangen. Wahrend dieser Zeit findet je nach Jahreszeit und Klimaverlauf die Hochzeitsmauser (wechselt insbesondere das Gesichts-und Kopf-, aber auch anderes Kleingefieder) oder die primäre Mauser statt.
Sorry, ich ufere schon wieder aus, soll ja keine Vorlesung zum Leben wilder Wellensittiche werden.
Überzüchtung ist sicher ein Punkt, denn betrachten wir uns mal den heutigen Standardsittich, der einfach eine Mutation ist, die in den 70ziger aufgetreten ist und an alle möglichen Tiere verpaart wurde, so das man sagen kann...er steckt heute überall drin.
Wer hat Dir denn sowas erzählt?
In den heutigen Schauwellensittich sind mehrere Mutationen eingegangen, bis er zu dem wurde, was er heute darstellt.
Den Anfang machte wohl Kessel, welcher zu seiner Zeit bereits auffallend große Wellensittiche züchtete. Das geschah etwa ab 1870!!!
Der Schauwellensittich ist nicht auf eine einzelne Mutation, welche in den 1970-ern aufgetreten ist, zurückzuführen.