schaut mal in die Kleinanzeigen........

Diskutiere schaut mal in die Kleinanzeigen........ im Forum Graupapageien im Bereich Papageien - Hallo , da ja häufig das Thema aufschlägt: Handaufzucht ja/nein und fast alle zu nein tendieren, habe ich leider etwas anders festgestellt...
hallo,joachim

betreffend der hygiene geb ich dir recht..... ist ein tier gesund,bedarf es keiner besonderen maßregelung(desinfektionmittel).
ein natürlicher dreck hat noch keinen geschadet.vielleicht sind deswegen meine kinderlein(Tiere) so gesund.....ich auch:D

die verschieden aussagen mehrer züchter seh´ich als nicht relevant,zumal sich doch jeder seine worte zurecht legt,wie man es hören will.oki?

im endeffekt entscheidet doch jeder für sich selbst aus erfahrung herraus.:D

ob NB oder HZ,egal wie gehandhabt bleibt eine kriterie,die jeder für sich selbst zu verantworten hat.
da sind die meinungsverschiedenenheiten zu groß.

liebe grüße rena;) :0-
 
schaut mal einer...

Hallo
So langsam habe ich den Eindruck, daß diese Kunstbruten diese im warsten Sinne des Wortes sind.Künstlich geschaffene Wesen auf die Bedürfnisse des Menschen abgestimmt .
Als lebendiges Spielzeug oder Statussymbol mißbraucht.
Die Bedürfnisse des Tieres spielen keine Rolle mehr.Hauptsache Menschen bekommen das was ihren Vorstellungen entspricht .Dies geschieht natürlich alles aus reiner Tierliebe.
Wie kommt man gegen soviel Egoismus an?
schöne Grüße
rosi.n.
 
Egoismus

Hallo Rosi,

natürlich hast du im Grunde genommen recht, aber das dann darf der Mensch überhaupt keine Tiere mehr "halten". Jeder Hund, jede Kuh, jeder Hamster, usw. lebt bei uns nicht, wie er es in der Natur tut. Ihre "Lebensweisen" wurden so "angepasst", das sie unseren Bedürfnissen gerecht werden.

Joachim
 
egoismus

Hallo Joachim
Das sehe ich nicht so.
Vögel die meisten jedenfalls fliegen mehr oder weniger große Strecken.Frei wie ein Vogel ist Sprichwörtlich.
Ein Hund z.B.ist ein Lauftier.
Würde ich die Bedingungen wie sie für die meisten in Gefangenschaft gehalten Vögel nun mal sind auf den Hund übertragen muß ich ihn am Laufen hindern.
Das geschieht zwar leider auch (Zwinger Haltung)
aber die meisten Hunde leben weit aus artgerechter
als ein in Gefangenschaft gehaltener Vogel.
Von Katzen besonders als Freigänger garnicht zu reden.
Nur weil es Massentierhaltung gibt kann sich doch keiner das Recht herausnehmen Tiere und ganz besonders Vögel ohne vernünftigen Grund einzusperren.
Natürlich weiss ich, daß man nun nicht einfach alle Vögel aus der Gefangenschaft befreien kann
es wäre ihr Tod.Aber muß man dann immer Neue produzieren oder einfangen?
Wenn ich mal von der Massentierhaltung absehe wird glaube ich keine Spezies soviel mißhandelt wie die Vögel dieser Welt.
Abgeschossen vergiftet gefangen mißhandelt
Jedes Jahr zu Millionen warum?
schöne Grüße
Rosi.N.
 
Haltung

Tja Rosi,

das lässt sich mit Zahlen wahrscheinlich nicht nachhalten. Wieviel Hunde werden verhätschelt, müssen Kleidung anziehen, werden durch die Gegend getragen,leben nur in der Wohnung,... usw. , in Amerika noch schlimmer. Und es gibt natürlich auch Vogelhalter, Vogelzüchter, Vogelparks, wo die Vögel in großen Flugvolieren gehalten werden.

Joachim:0-
 
tja,rosi

wohl ein wahres wort.....ein umdenken allerseits wär´angebracht,aber wie,wenn die vernunft auf der strecke bleibt.


"wer die welt zu sehr liebt,kommt nicht dazu,
über sie nachzudenken.wer sie zu wenig liebt,
kann nicht gründlich genug über sie nachdenken."

liebe grüße rena:0-
 
Hallo zäme

Olly@
Olly@
kann man Tiere mit Menschen vergleichen?

Versteh ich jetzt nicht...

versuch mich mal anders auszudrücken, Der Satz endstand durch folgender Gedanke. Haben wir Menschen das Recht so in die Natur einzugreiffen? WIr haben Gesetze usw. Tier folgen den Natürlichen Instinkten. Wieso frisst ein Adler das zweite Junge, weill er sich nur auf eins konzentrien muss.
Aber ich verstehe deine Meinung auch. Aber wenn ein Papa sein Kücken fressen will, hat das wohl nichts mit Kindstod zutun!
Wenn ich nächstes Jahr wider Junge habe von den Agas und z.B 4 Kücken schlüpfen und das letzte hat keine Überlebenschance, ich würde dieses Kücken auf jeden Fall nicht raus nehmen und von Handaufziehen. Ich respektiere den Lauf der Natur da brauch ich nicht reinzufummeln. Bei den Papas würde es wohl anders aussehen!
"Bitte macht jetzt nicht ein Aufstand"
Ich respektiere halt vielleicht die Natur mehr als andere und auserdem mache ich mir auch sehr viele Gedanken über unsere Welt. Auch gestern kamm mir plötzlich der Gedanke, wie es wohl wäre wenn eines Tages eine Inteligenter Lebensform als der Human auf unseren Planeten kommen würde. Und das gleiche mit dem Human machen würde wie wir mit unserer Natur! Würden wir das gur finden!?

Fezzlez@

Tud mir leid Gismo, aber ich weiß nicht, wie sich deine Vögel geben, aber wie kann man man sowas schreiben. Ich habe auch 3 zahme Papageien in der Wohnung, 1x Handaufzucht, 2x Naturbruten, 3-14 Jahre. Aber seit wann hat eine Handaufzucht mit 1 Jahr ausgelernt.

bitte liess meine Beiträge richtig durch, ich behauptete nie das eine HZ mit 1 Jahr nichts mehr lernt. Ich sagte das eine HZ nicht mehr zamer wird, lernen tun sie jeden Tag neues, sprechen usw...
 
HI Fabian,
Puuuh,
Das mit den Menschen und der Natur......dascheinst du wohl recht zu haben, aber das Thema ist unendlich,ich würde es jetzt mal so sagen:
Es wäre schön, wenn der Mensch die NAtur nicht so ausbeuten wurde, sondern dafür sorgen würde, das es den armen MEnschen halbwegs überall das Exisensminimum haben, das die wilden Tiere, die gefärdet sind, nicht gewildert werden....
Aber leider ist das illusorisch, weil das ja das PAradies wäre.

Ich bin auch für Naturbruten, meine aber wirklich nur die "Ausahmen"....wo man eingreifen sollte, werden meine Agas mal brüten, lasse ich sie auch in Ruhe.....
Gruß Olly
 
nestplünderer......

hallo,zusammen

wobei mir einfällt,gibt es unter den elternpaare nicht auch nestplünderer ???? vielleicht weil sie anders geartet sind(gestört)

da würde ich auf jedenfall eingreifen und mich zur handaufzucht entschliesen.
mal wieder so ein gedanke von mir....:D

liebe grüße rena:0-
 
nestplünderer

Hallo Rena
Erst denken! dann schreiben
Natürlich gibt es Nestplünderer aber darunter versteht man doch was ganz anderes.
Wenn ein Tier egal welches versucht seine eigenen Jungen zu töten dann stimmt doch in der Haltung etwas nicht und- oder der Instinkt leitet das Tier.
Was immer ein Tier dazu bewegt es hat im Gegensatz zum Menschen einen Grund dazu.
Rosi.N.
 
hallo,rosi

so ein mist..jetzt hab´ich erst geschrieben und danach erst gedacht.....kannst du mir noch einmal verzeihen???:?

liebe grüße rena:D :0-

ps.spass beiseite.....ist das nicht auch´ne art nestplünderung,wenn ein elternteil ständig die eier aus dem nest holt ?????
 
Hallo Australiaman

Um auf deine eigentliche Frage zurück zu kommen. Wahrscheinlich findest du überwiegend Handaufzuchten in Inseraten etc., weil eben die Nachfrage nach zahmen Papageien überwiegt als die nach Naturbruten.

Nun stelle ich fest, das fast jeder hier gegen Handaufzuchten ist

Nun kommt es aber auch darauf an, was genau du mit Verhaltensstörungen meinst? Für den einen ist es eine Verhaltensstörung wenn der Graue seinen Besitzer anfliegt und sich streicheln läßt. Der andere spricht von einer Verhaltensstörung weil der Graue rupft oder schreit u. bezieht es dann auf die HA. Ich habe vier HA und habe deswegen kein schlechtes Gewissen da meine Grauen alle früh miteinander verpaart bzw. vergesellschaftet wurden. Sie wurden mit ihren Geschwistern zu einem späteren Zeitpunkt von den Eltern getrennt und nicht ab Ei aufgezogen. Das gibt es nämlich auch, dass Graue gar nicht wissen dass sie überhaupt ein Papagei sind ( da noch nie andere gesehen). Ich denke die Problematik entsteht wenn man einen Grauen alleine hält und vertätschelt, hat man dann weniger Zeit oder verliert schlicht weg das Interesse am Vogel, verkümmert er und schreit oder rupft. Dies kann mit einer Handaufzucht genau so passieren wie mit einer Naturbrut ( nach dem sie mit viel Geduld zahm wurde). Bei meinen vieren ist es überhaupt nicht wichtig ob ich mal ein paar Stunden am Tag nicht da bin, sie haben ja sich. Nur brauchen sie natürlich ihren Freiflug, danach sind es immer sehr ausgeglichene, sich putzende, unter einander kraulende Graue. Bei allem Pro und Contra ist doch die Haltung an sich entscheidend ob ein Grauer Verhaltensstörungen an den Tag legt oder nicht. Die Ernährung, ausreichend Licht und Freiflug sind natürlich nicht zu vergessen.

In diesem Sinne...

liebe Grüße

Nicole
 
Nehmt Euch mal die Zeit.....

Hallo zusammen,
nehmt Euch mal bitte die Zeit, unsere nachfolgende Ausarbeitung durchzulesen. Ich denke, dies könnte zur Versachlichung dieses Threads beitragen.

Liebe Grüße
Volker

Teil I
"Handaufzucht" - Eine kritische Betrachtung

Allein im Magazin "Papageien" (Ausgabe 7/2002) werden in der Beilage "Kleinanzeigen" 79 explizit als "Handaufzucht" bezeichnete Psittaciden (Amazonen = 31, Aras = 12, Kakadus = 12, Graupapageien = 24) offeriert. Bei Durchsicht entsprechender Rubriken in Tages- und Wochenzeitungen ist leicht feststellbar, dass a) eine hohe Zahl sog. "Handaufzuchten" (teilweise mit den verkaufsfördernden Attributen "zahm" oder "superzahm") angeboten wird, und b) gleichzeitig eine nicht geringe Zahl von Psittaciden (oft "umständehalber") abgegeben werden soll.
Bei Hinterfragung der Abgabegründe zu b) ist in nicht wenigen Fällen zu erfahren, dass der "Abgabevogel" als "zahme Handaufzucht" gekauft wurde, sich jedoch mit Eintritt der Geschlechtsreife als "problematisch" erwies.

Was ist unter "Handaufzucht" zu verstehen ?

Die Aufzucht der Nestlinge wird nicht den Elternvögeln überlassen. Wenn nicht schon - wie vielfach praktiziert - bereits das Gelege mittels entsprechender Apparatur künstlich bebrütet wird, werden die Nestlinge entweder unmittelbar nach dem Schlupf, oder zu einem späteren Zeitpunkt der Nestlingsphase, entnommen und in einem künstlichen Medium unter Zuführung der notwendigen Wärme (Strahler) durch den Mensch mit Sonde, Pipette, Löffel oder sonstige Hilfsmittel gefüttert.

Was soll durch "Handaufzucht" erreicht werden ?

Die Nestlinge und Jungvögel sollen in der sensiblen Prägungs- und Sozialisationsphase auf den Mensch (als späteren Besitzer/Käufer und "Interaktionspartner") fixiert werden. Der Käufer soll einen Vogel erhalten, der dem (Wunsch-)Bild eines zahmen, verschmusten und umgänglichen Hausgenossen entspricht.
Dieses (Wunsch-)Bild ist ein sehr konservatives, traditionelles Bild, das zwar (aus menschlicher Sicht) verständlich und nachvollziehbar, jedoch nur sehr bedingt mit den Ansprüchen an die Erfüllung der jeweils artspezifischen Erfordernisse in Einklang zu bringen ist. Es ist oftmals die (romantische) Sehnsucht nach einem "Stück Natur im Wohnzimmer", nach einem harmonischen Zusammenleben von Mensch und Tier. Es sind die Bilder vom "zahmen" Amazonenpapagei auf der Schulter eines "Ureinwohners". Es ist das Bild der Natur, wie wir sie wollen. Allerdings ist "die Natur, wie wir sie wollen, ganz verschieden von der Natur, wie sie wirklich ist" (Wuketits, F.M. (2002): Die Selbstzerstörung der Natur - Evolution und die Abgründe des Lebens, S. 37, Dt. Taschenbuch-Verlag). Nicht unbegründet merkt W. Lantermann in Bezug auf "Handaufzuchten" an: "(...) trägt diese Form der Papageienzucht und -aufzucht dazu bei, dass das falsche Bild von den Papageien im Kopf der Vogelhalter weiter gefestigt wird." (Lantermann, W. (1999): Papageienkunde, S. 312, Parey Buchverlag Berlin)

Natürlich ist unbestreitbar, dass bei der privaten Haltung von Papageien unter "Wohnungsbedingungen" das "Herstellen" eines gewissen Maßes an Vertrautheit nicht nur von Vorteil, sondern sogar notwendig ist. Doch hierzu bedarf es nicht der "Handaufzucht" (vgl. Kapitel: Wie kann die notwendige Vertrautheit erreicht werden?).

Warum kaufen zunehmend auch Privathalter noch nicht futterfeste Jungvögel, um sie von Hand (weiter-)aufzuziehen?

Mittlerweile ist ein Trend dahin erkennbar, dass Privatinteressenten von Züchtern und/oder Händlern Jungvögel erwerben, die noch nicht futterfest sind, um diese dann (sozusagen abschließend) selbst von Hand (weiter-)aufzuziehen. Hierdurch soll (und kann) eine direkte (starke) Bindung an den "Endbesitzer" (?) herbeigeführt werden.

Neben dieser zweckbetonten Absicht kann aber auch nicht ohne Berücksichtigung bleiben, dass - und nicht nur hierin gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Mensch und Tier - der angeborene Zwang, sich um Lebewesen, die das sogenannte "Kindchenschema" bedienen, eine Rolle spielt. Hierzu Konrad Lorenz (zitiert aus: Die angeborenen Formen möglicher Erfahrung, 1943): "Wir alle beantworten bei jungen Tieren wie bei kleinen Menschenkindern.
eine ganz bestimmte Zusammenstellung von Merkmalen mit spezifischen Gefühlen und Affekten, die als Erlebniskorrelate unseren arteigenen Pflege- und Betreuungsreaktionen zugeordnet sind. Lebewesen, die diese Merkmalskombination an sich tragen, werden dann als "süß" oder "niedlich" bezeichnet (...)"

Dieser jeder Art (so auch dem Mensch) angeborene und arterhaltend notwendige "Zwang", sich um den Nachwuchs zu kümmern, könnte fast schon als "genetisch programmierte Werbung für Handaufzucht" angesehen werden und forciert nicht unerheblich die Entscheidung pro Handaufzucht.

"Entwaffnend drastisch reagierte in einer Zeitungsredaktion einmal eine Sekretärin angesichts eines Fotos von Tierbabys: "Da schießt mir glatt die Milch in die Brust." (zitiert aus: Baumann, P., Fink O. (1979): Wie tierlieb sind die Deutschen?, Fischer-Taschenbuch-Verlag).

Da "Angeborene Auslösemechanismen (vgl. zur Begriffsdefinition: Franck, Dierk (1997): Verhaltensbiologie, Stuttgart - New York, Thieme, 1997) wie z.B. der "Brutpflegetrieb" auf sehr einfache Schlüsselreize (hier: "Kindchen- oder Babyschema") ansprechen, besteht - auch beim Mensch - die Möglichkeit, dass Verhaltensweisen von falschen Objekten (wie z.B. artfremden "Babys") ausgelöst werden. Die "Handlungsbereitschaft" (responsiveness) oder "Motivation (motivation) zur Handaufzucht wird durch vorgenannten Mechanismus erhöht (vgl. hierzu: Becker-Carus, C., Schöne, H. , et al: Motivation, Handlungsbereitschaft, Trieb, Zusammenfassung einer Diskussion auf dem Ethologentreffen 1970 in Bern, Z. Tierpsychol. 30, , 1972).

"Handeln folgt nicht notwendigerweise aus Wollen, weil es "unbewusste" Tätigkeit gibt, bei welcher ein intentionaler Akt, den man "Wollen" nennen könnte, nicht im Bewusstsein auftaucht." (Gadamer , H.G., Vogler, P. (1971): Neue Anthropologie , Biologische Anthropologie, Erster Teil, Band 1, S. 39, Thieme, Stuttgart). Aber da der Mensch das Korrektiv der "Selbstreflektion" besitzt, ist das Bedienen des "Kindchenschemas" in Form einer unbewussten "Entscheidung" zur Handaufzucht nicht zwangsläufig determiniert (vorherbestimmt). Die Verfügbarkeit über alle Informationen (FÜR und WIDER) ermöglicht uns trotzdem (im Gegensatz zum Tier) eine "Freiheit des Handelns".

Dieser kleine Ausflug in die Biologische Anthropologie war unumgänglich, um zumindest ansatzweise die hinsichtlich der Thematik "Handaufzucht" vernachlässigten Aspekte der (unbewussten) menschlichen Motivation zu beleuchten.

Welch geradezu abstruse Auswüchse der unbedingte Wunsch danach, einen "zahmen" Vogel zu erhalten, zuweilen hervorbringt, dokumentiert anschaulich eine Anzeige im FINDLING (2. Septemberwoche 2002): "Tausche neuw. MTB, 21-Gang, gg. zahmen Papagei (...)"

Ist die Zielsetzung der "Handaufzucht" ethisch vertretbar ?

Ohne zunächst auf die generelle Erreichbarkeit der Zielsetzung einzugehen, bleibt festzustellen, dass der angestrebte Erfolg (= Erhalt eines "zahmen" Vogels) sich vorwiegend an menschlichen Bedürfnissen orientiert. Verallgemeinernd könnte man von "egoistischen" Motiven reden. Da sowohl den Elternvögeln als auch den Jungtieren naturgegebene Entwicklungsabläufe vorenthalten (weggenommen) werden, ohne ihnen einen adäquaten Ersatz bieten zu können, handelt es sich bei der "Handaufzucht" um einen die gesamte spätere Entwicklung determinierenden und irreversiblen Eingriff. Daher ist die "Handaufzucht" (von absoluten Notfällen abgesehen) ethisch nicht vertretbar.








Sind die propagierten Ziele der "Handaufzucht" überhaupt erreichbar ?

Unbestreitbar wird ein handaufgezogener Vogel zunächst beim Besitzer/Käufer in der Regel Begeisterung auslösen, weil er ihm gegenüber keinerlei Scheu zeigt. Der Vogel wird den Besitzer als "Partner" akzeptieren und für vielfältige Interaktionen zur Verfügung stehen. Das Ziel, einen unproblematischen "zahmen" Vogel zu erhalten, ist also erreichbar ? Für die Zeitspanne bis zum Eintritt der Geschlechtsreife (je nach Art 2 - 6 Jahre) trifft dies zweifellos zu. Doch spätestens ab diesem Zeitpunkt treten zumeist "Disharmonien" zwischen Mensch und Papagei auf, die sich oft in zunehmend agressivem Verhalten des Vogels äußern. Insbesondere auf den Ersatzpartner Mensch gerichtete Hypertrophien des ***ualverhaltens (u.a. Droh- und Imponierverhalten, Kopulationsversuche, Beiß- und Flugattacken) sind nicht selten. Fazit: Die propagierten Ziele können in der überwiegenden Mehrzahl nur für einen begrenzten Zeitraum (temporär) als erreichbar angesehen werden.
 
Teil II

Warum sind die propagierten Ziele der "Handaufzucht" nur für eine befristete Zeitspanne erreichbar ?

Um diese Frage beantworten zu können, ist eine nähere Befassung mit den Mechanismen der "Prägung" und "Sozialisation" erforderlich. Die sensibelste Prägungsphase eines Jungvogels ist die Nestlingszeit und die sich daran anschließende Juvenilphase. Die Lernvorgänge der sog. "Prägung" sind nicht reversibel ( also später nicht mehr umkehrbar) und bleiben für immer festgelegt. So "verankert" der während einer Naturbrut bestehende ständige Kontakt mit den Elternvögeln beispielsweise die ***uelle Prägung auf die eigene Art als ausschließliches Objekt späterer Triebhandlungen. Steht (bei "Handaufzuchten") nur der Mensch als "Elternteil" zur Verfügung, erfolgt die ***uelle Prägung auf den (artfremden) Mensch. Selbst dann, wenn späterhin einem handaufgezogenen Einzelvogel ein artgleicher Partner zugesellt wird (Anmerkung: Zumindest paarweise Haltung sollte Pflicht sein), wird sich an der Fixierung auf den Mensch als "***ualpartner" (mit allen negativen Folgeerscheinungen) nichts ändern. Das Phänomen der ***uellen Prägung (***ual imprinting) ist seit langer Zeit bekannt und müsste schon für sich genommen jeden verantwortungsvollen Züchter davon abhalten, "Handaufzuchten" zu praktizieren. Doch nicht nur die ***uelle Prägung, sondern die Prägung auf artgleiche Individuen überhaupt, ist ein essentieller Faktor für ein funktionables Zusammenleben mit arteigenen Individuen im Sozialverband.
Um den überaus hohen Stellenwert der "Prägung" in vorgenannten Zusammenhängen nochmals zu verdeutlichen, seien nachfolgend die wesentlichen Charakteristika der "Prägung" zusammenfassend benannt. Prägung wird charakterisiert durch:
 Eine eng umgrenzte sensible Entwicklungsphase, in der gelernt wird.
 Die Lerninhalte sind nicht korrigierbar.
 Der Lerninhalt ist eng umgrenzt und
 der Zeitpunkt der Prägung und die Zeit der Anwendung des Gelernten müssen nicht
zusammenfallen.
Bei "Handaufzuchten" werden den Nestlingen und Jungvögeln (ob absichtlich oder nicht bedarf in diesem Zusammenhang keiner Erörterung) methodisch gleichzusetzen mit einem "Erfahrungsentzug***periment" (deprivation experiment) während der Verhaltensentwicklung Erfahrungsmöglichkeiten entzogen, die eine arteigene Anpassung aufgrund von "Lernen" ermöglichen würden. Konkret: Die Sinneswahrnehmungen der Nestlinge sind in den ersten Tagen auf das "Fühlen" begrenzt. Sie fühlen die Polsterung der Nisthöhle, die bei manchen Arten zusätzlich mit Daunengefieder "komplettiert" wird. Sie fühlen den Hautkontakt mit anderen Nestlingen. Sie fühlen die wärmende Henne. Sie fühlen die Schnabelberührung, die das Schnabelsperren auslöst. Selbst mit noch so viel Mühe und technischem Aufwand (perfektionierte Aufzuchtbehältnisse mit Wärmestrahler) kann der Mensch diese Gegebenheiten nur unzureichend simulieren.

Wenn nach einiger Zeit die Wahrnehmungen "Sehen" und "Hören" hinzukommen, erreicht die Problematik der "Handaufzucht" eine weitere Dimension. Die zuvor spontan und ungerichtet geäußerten Bettellaute der Nestlinge werden jetzt durch Berührung (Fühlen) und Laute der Elterntiere (Hören) ausgelöst. Bei manchen Arten (so z.B. Amazona amazonica) werden von den Elternvögeln auch Beruhigungs- und Beschwichtigungslaute eingesetzt. Dieses innerartliche - jeweils in biologisch funktionalen Zusammenhängen stehende - Lautäußerungsrepertoire mit allen Situationsbezügen wird den "Handaufzuchten" als "Lernpotenzial" vorenthalten.
Die - noch häufig anzutreffende - anthropozentrische Sichtweise geht von der Annahme aus, dass komplexere kognitive Fähigkeiten ausschließlich dem Mensch vorbehalten seien. Dies ist ebenso unzutreffend, wie die Position dogmatischer Behavioristen, alle Verhaltensweisen seien grundsätzlich (nur) auf Reiz- Reaktionsbeziehungen, sie sich aus Prozessen der operanten Konditionierung herleiten (lassen), zurückzuführen (vgl. hierzu: Skinner, B. F. (1973): Wissenschaft und menschliches Verhalten, Kindler, München). Wenn wir aber den Psittaciden - und hier insbesondere den größeren Arten - eine relativ hohe Kognitionsfähigkeit attestieren (was durch zahlreiche Arbeiten zum Thema unstrittig sein dürfte), müssen wir uns auch hinsichtlich der Vorgänge um Brut und Aufzucht vom rein physiologisch-mechanistischen Ansatz trennen. Das komplexe Zusammenspiel von neuronalen Prozessen, physischer Präsenz (der Elternvögel) und Informationsvermittlung (auf kognitiver Ebene) ist nicht durch vereinfachende (sozusagen genormte) Abläufe (Eingriffe) des Menschen in das Brut- und Aufzuchtgeschehen zu ersetzen.
Die "Orientierung des Organismus in seiner Umgebung als der hauptsächlichen Grundlage für angepasstes Verhalten" (Prinz, W. (1976): Kognition, kognitiv, In: HWhPh, Bd. 4, Schwabe, Basel, S. 866-878) beginnt bei jedem Vogel unbestreitbar (spätestens) mit dem Aufpicken der Eischale /also dem "Schlüpfen"), Wird dem/den Vogel/Vögeln (bei "Handaufzucht") nur ein Derivat der naturgemäß vorhandenen Umgebung in Form eines wie auch immer gearteten (künstlichen) Aufzuchtbehältnisses und eines artfremden "Elternersatzes" geboten, kommt es folgerichtig zu einer Anpassung an die aufgezwungenen (künstlichen) Umgebungsstrukturen.

Die Wesentlichkeit der Elternbeziehung wird von Wanker am Beispiel der Augenring-Sperlingspapageien verdeutlicht (Wanker, R., Crzuz Bernate L., Franck, D. (1996): Socialization of spectacled parrotlets Forpus conspicillatus : The role of parents, creches and sibling groups in nature, J. Ornithol. 137: 447-461).
Jede Verschiedenheit der Bedingungen (Lernsituation) unter denen zwei genetisch gleiche Individuen heranwachsen, hat eine Verschiedenheit ihrer Eigenschaften, bzw. das spätere Fehlen von (teilweise arterhaltend notwendigen) Eigenschaften zur Folge.
An fundierten Dokumentationen hinsichtlich möglicher Folgen der Handaufzucht sei u.a. die Ausarbeitung von H.J. Preiss und D. Franck, die gravierende Sozialisationsstörungen bei handaufgezogenen Rosenköpfchen beschreibt, erwähnt (Preiss, H.J., Franck, D. (1974): Verhaltensentwicklung isoliert handaufgezogener Rosenköpfchen (Agapornis rosseicollis), Z. Tierpsychol., 34:459-463).
Das Misslingen der Verpaarung handaufgezogener Nymphensittiche mit Artgenossen wird von Myers beschrieben (Myers, S.A., J.R. Millam, T.E. Roudybush and C.R. Grau (1988): Reproductive succes of hand-reared vs. parent-reared Cockatuls. Auk 115, S. 536-542).
Smith dokumentiert generalisierend bei handaufgezogenen Papageien zu beobachtende Probleme und Fehlentwicklungen (Smith, G. A. (1985): Problems encountered in hand-rearing parrots. In: Cage and Aviary Bird Medicine Seminar, Australien Veterinary Poultry Association pp 71-77).
Ralf Sistermann (Institut für Biologie II / Lehrstuhl für Zoologie-Tierphysiologie / RWTH Aachen) weist in seiner Studie "Untersuchung zur ***uellen Prägung handaufgezogener Großpapageien" u.a. auf Grundlage der Auswertung der Angaben von 43 Züchtern nach, dass es zu "Fehlverhalten" handaufgezogener Elterntiere kommt, welches sich vorwiegend im Nichtfüttern der Jungtiere äußert. Die Fehlprägung könne so gravierend sein, dass eine artgerechte Fortpflanzung der betreffenden Individuen nicht mehr möglich ist.
Luft berichtet ebenfalls von Sozialisationsstörungen bei handaufgezogenen Papageien (Luft, S. (1997): Zum Thema Handaufzucht von Papageien, Kleintierpraxis 42., S. 141-147).
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Verhaltensauffälligkeiten bzw. das Fehlen von Eigenschaften - folgt man den Ansichten von R. Jordan - weniger ausgeprägt bei gemeinschaftlicher Aufzucht von Nestgeschwistern im Sozialverband auftreten sollen (Jordan, R. (1994): Handaufgezogene Papageien - Zucht- oder Heimtiere?, Verh. III. Internat. Papageienkongress, S. 4-10, Puerto de la Cruz, Teneriffa). Allerdings fehlt auch bei dieser Variante der Handaufzucht der Kontakt der Nestlinge/Jungvögel zu den Eltern, bzw. ist der Elternkontakt auf relativ kurze Zeiträume eingegrenzt. Daher ist auch diese Methode in letzter Konsequenz nur als das kleinere Übel anzusehen, zumal in der Regel keine zwingende Notwendigkeit zur Durchführung von Handaufzuchten besteht.
Durch "Handaufzucht" fehlgeprägte Vögel sind oft nicht mehr in der Lage, Verpaarungen mit Artgenossen einzugehen. Die paarweise Haltung und Weiterzucht gelingt nur noch in seltenen Fällen und unter Schwierigkeiten. Bei Eintritt der Geschlechtsreife kommt es oftmals zu Verhaltensauffälligkeiten, die kaum zu beeinflussen sind. Die Palette der (vorprogrammierten) Verhaltensstörungen reicht von Federrupfen bis Hyperagressivität. Gylstorff und Grimm benennen des weiteren folgende mögliche Dysfunktionen bei handaufgezogenen Vögeln: Abnormes ***ualverhalten, verlängertes Infantilgehabe, Federrupfen, Tötung des eigenen Nachwuchses (Gylstorff, I., & Grimm, F. (1987): Vogelkrankheiten, Ulmer Verlag, Stuttgart).
 
Teil III

Wie kann sich die "Wegnahme" der Nestlinge/Jungvögel auf die Elternvögel auswirken ?

Wenn Gelege (zur künstlichen Bebrütung), oder Nestlinge zur direkten Handaufzucht entnommen werden, wird in vielen Fällen erneut der Bruttrieb angeregt. Es kommt dann zu einer weiteren (im normalen Zyklus nicht vorgesehenen) Brut. Dies kann unter Umständen - und je nach Konstitution der Elternvögel - zu einer physischen Schwächung führen. Nun könnte man dem entgegenhalten, dass es auch unter Freilandbedingungen zu Brutausfällen mit anschließender Nachbrut kommt. Aber: Unter Freilandbedingungen besteht in diesen Fällen eine arterhaltende Notwendigkeit hierfür, während unter Gefangenschaftsbedingungen diese Notwendigkeit nicht zu sehen ist. Auch ist zu vermuten (doch dies ist bisher nicht durch entsprechende Feldstudien dokumentiert), dass auch freilebende Exemplare durch zwei oder mehr aufeinanderfolgende Bruten eine physische Schwächung erfahren (können).
Die Entnahme von Gelege oder Nestlingen stellt zweifelsfrei eine Stresssituation mit den entsprechenden (und mittlerweile bekannten) hormonellen Auswirkungen dar. In einem anderen Zusammenhang hat Eva Millesi vom Institut für Zoologie der Universität Wien (Abteilung Ethologie) den Einfluss von Stresssituationen auf die ***ual- und Stresshormone (bei Graupapageien) dokumentiert. So zeigten sich unter "harmonischen" Bedingungen (Paarbindung, enge Sozialkontakte) in der Sekretion von Testosteron und Östrogen laut E. Millesi "erstaunlich ähnliche Verläufe" Zitat: "Da diese Werte die Nebennierenaktivität widerspiegeln, erhält man dadurch Hinweise auf die Stressbelastung eines Individuums." Da die Bestimmung der Hormonwerte von E. Millesi durch Kotuntersuchung (also nicht invasiv und belastend) vorgenommen wurde, wäre eine entsprechende Untersuchung an Vögeln, denen zwecks Handaufzucht die Nestlinge weggenommen wurden, mit den gleichen (einfachen) Mitteln zu bewerkstelligen und auch angezeigt. Die Ergebnisse dürften ähnlich ausfallen. So reagierten in der Studie von E. Millesi nach Partnerentzug isolierte Graupapageien unmittelbar mit einer signifikanten Erhöhung der Corticosteronwerte. E. Millesi geht davon aus, dass auch immunologische Faktoren von der sozialen Situation beeinflusst werden. So zeigten beispielsweise isolierte Vögel einen höheren Anteil pathogener (krankheitserregender)
Bakterien im Kot (vgl. Veröffentlichung von E. Millesi in "Science goes public", Universität Wien, 27.08.2001).

Warum nimmt die Zahl der "Handaufzuchten" trotzdem zu ?

Der Wunsch vieler Kaufinteressenten, einen "superzahmen" Jungvogel zu erhalten, erzeugt bei gleichzeitig vorhandenen Informationsdefiziten bezüglich der negativen Auswirkungen von "Handaufzuchten", einen in ökonomischer (monetärer) Hinsicht hochinteressanten Markt. "Handaufzuchten" werden mit der Begründung des hohen Aufwandes und der vorgeblich besseren Eigenschaften ("zahm", "superzahm") zu Preisen angeboten, die erheblich über denen von Naturbruten liegen. Manche Züchter erhöhen den Umsatz (Gewinn) zusätzlich dadurch, dass sie die Elterntiere durch wiederholtes Entnehmen der Gelege zu erneuter Paarung und Eiablage anregen. Auf diese Weise werden noch mehr Eier (und somit Jungtiere) "produziert", als dies dem biologischen Zyklus entspräche. Die steigende Nachfrage nach "zahmen" Vögeln führt zu einem kontinuierlichen Anstieg des Angebots an "Handaufzuchten". Fazit: "Handaufzuchten" sind ein lohnendes Geschäft. In der Regel werden potenzielle Käufer nicht über die negative Seite aufgeklärt. Eine ehrliche Aufklärung breiter Käuferschichten würde den Fortgang der lukrativen Geschäfte beeinträchtigen.

Können "Handaufzuchten" zur Verminderung der Importe von Wildvögeln und somit zum Schutz der Populationen in den Ursprungsländern beitragen ?

Jede Nachzucht trägt vordergründig zur Verminderung der Importe bei. Zu bedenken ist allerdings, dass "Handaufzuchten" selbst zur weiteren Reproduktion nur noch selten und/oder bedingt in der Lage sind. Timothy Wright (University of Maryland) und Catherine Toft (University of California) haben erstmals im Rahmen einer umfassenden Studie Daten aus den letzten 22 Jahren (insgesamt 23 Feldstudien) hinsichtlich der Bruterfolge von in Mittel- und Südamerika vorkommenden Papageien zusammengetragen. Im Schnitt wurde jedes dritte Nest von Wilderern ausgenommen. 70 Prozent der Jungvögel (so das Ergebnis von 4 Feldstudien) wurde von Wilderern eingesammelt. Die Autoren konstatieren schwerwiegende Auswirkungen
auf die Bestände durch den Handel mit Papageien. Durch den zusätzlichen Verlust von Lebensraum für viele Arten entsteht so eine bedrohliche Situation.

Was hat dies nun mit der Thematik "Handaufzucht" zu tun? Aufgrund der geschilderten Situation kann es in absehbarer Zeit notwendig sein, instabile Populationen mit geringer Individuenzahl durch das Auswildern in Gefangenschaft gezüchteter Tiere vor dem endgültigen "Aus" (Beispiel: Spixara) zu bewahren. Setzt sich aber der Trend zur Handaufzucht fort, stehen letztlich (fast) nur noch nicht mehr auswilderungsfähige Exemplare zur Verfügung.

Gregor Klaus schreibt in der "Neue(n) Züricher Zeitung" (21.11.01) inhaltlich zusammenfassend in Bezug auf die Studie von Wright und Toft: "Fast alle bisherigen Projekte zur Auswilderung gefangener Papageien haben mit großen Problemen zu kämpfen. Kein Wunder, führt doch bei Papageien die Handaufzucht zur Prägung auf den Menschen. Nur wenige dieser verhaltensgestörten Tiere werden sich in freier Wildbahn zurechtfinden."

Ähnlich wird diese Problematik vom "Wildlife Preservation Trust International" beurteilt. Zitat: "Leider sind handaufgezogene Vögel im Allgemeinen wesentlich weniger zu Wiedereinführungszwecken geeignet, als elternaufgezogene Vögel" -Anmerkung: Zitat in Übersetzung durch Verfasser- (Snyder Noel (2002): The Association for parrot conservation position statement on captive breeding as a recovery measure, Wildlife Preservation Trust International, Portal, Arizona).

Harsfield berichtet von enormen Schwierigkeiten mit handaufgezogenen Kap-Papageien (Poicephalus robustus) im Rahmen eines Erhaltungszuchtprojektes (Harsfield, W. (2001): Captive Breeding of the Cape Parrot, Amazona Parrot Breeding facility, KwaZulu-Natal).

Alle vorstehend zitierten Schwierigkeiten resultieren aus ursächlich auf "Handaufzucht" zurückzuführenden "Verhaltensstörungen" im Sinne der Definition von Juppien. Zitat: "Eine Verhaltensstörung liegt immer dann vor, wenn das betreffende Tier leidet und/oder durch das vorliegende Verhalten grundsätzlich eine mögliche Wildbahnfähigkeit ausgeschlossen werden muss." (Juppien, A. (1996): Verhaltensstörungen bei Großpapageien, Vet.-med. Diss. Universität Gießen).
 
Teil IV

Wie ist die bei "Wohnungshaltung" notwendige "Vertrautheit" des Vogels zu erreichen, ohne auf "Handaufzuchten" zurückzugreifen ?

Papageien sind hoch entwickelte Tiere mit einer komplexen Verhaltenspalette. Wer sich ernsthaft und nicht nur - wie leider manchmal zu beobachten - "aus einer Laune heraus" für die Haltung von Papageien interessiert, sollte sich zunächst darüber klar werden, welche Art(en) er aufgrund der jeweils artspezifischen Anforderungen (Verhalten, Unterbringung, Klima, Zeitaufwand) halten möchte bzw. zu halten in der Lage ist. Umfassende v o r h e r i g e Information ist unabdingbar. Sollen es Jungvögel sein, darf der Interessent natürlich nicht erwarten, einen "fertigen" Vogel zu erhalten. Anfangs muss er sich darauf einstellen, Geduld und Einfühlungsvermögen zu investieren, um ein harmonisches Mit- und Nebeneinander zu erreichen. Diese "Mühe" wird aber dadurch belohnt, dass die Vögel keine erzwungene Vertrautheit (Zahmheit) aufweisen, sondern sozusagen "aus freien Stücken" dem Mensch vertrauen; und das wird letztlich auch dem Halter auf Dauer ein besseres Gefühl vermitteln.
Im Gegensatz zu der (auch aus kommerziellen Gründen) weithin verbreiteten Ansicht, dass nur "Handaufzuchten" mit dem Mensch vertraut ("zahm") werden, trifft dies durchaus auch auf verantwortungsvoll betreute "Naturbruten" zu. Sog. "Naturbruten" von Vögeln, die sich in menschlicher Obhut befinden, sind aufgrund der eingegrenzten Brutareale (Voliere, Raum etc.) und der Unmöglichkeit einer exakten Simulation der in den Ursprungsgebieten anzutreffenden Gegebenheiten im Wortsinn eigentlich auch nicht als "Naturbruten" zu bezeichnen. Angemessener wäre es, in diesen Fällen von "Naturorientierter Brut" zu reden. Auch eine "Naturorientierte Brut" erfordert - soll das Ziel darin bestehen, psychisch stabile, physisch gesunde und (auch) "wohnungstaugliche" Jungvögel mit allen arteigenen Spezifika zu erhalten - einen erheblichen Zeit- und Betreuungsaufwand. Die "Kunst" besteht darin, einerseits jeden notwendigen Eingriff auf niedrigstmöglichem Level zu halten (d.h.: Reinigungs- und Fütterungsarbeiten sehr vorsichtig - zu Zeiten, in denen sich die Vögel erkennbar entspannt und ruhig verhalten - durchzuführen) und andererseits bereits die Nestlinge (zunächst) an die menschliche Stimme und die Jungvögel an den Anblick des Menschen zu gewöhnen; und dies ohne "Störungen" der Elternvögel, die je nach Art erheblich sensibel und agressiv reagieren können, hervorzurufen. Die häufige Annahme, dass "Naturorientierte Bruten" mit wenig Aufwand verbunden sind, mag dann zutreffen, wenn Züchter/innen sich auf das "Füttern" und "Säubern" beschränken. Auf eine verantwortungsvoll begleitete "Naturorientierte Brut" mit der erwähnten Zielsetzung trifft dies jedoch nicht zu. Verantwortungsbewusste Züchter/innen sind in der Lage, den Interessenten futterfeste und futterzahme Vögel anzubieten. Letztlich hat es dann die/der zukünftige Halterin/Halter selbst in der Hand, durch behutsamen Umgang mit den Jungvögeln die "Vertrautheit" noch zu steigern.

Die "Ware Tier" - das Geschäft mit der "Handaufzucht

"Handaufgezogene Papageien sind in der Regel heute etwa eineinhalbmal teurer als Naturbruten und doppelt oder gar dreimal so teuer wie Importvögel der gleichen Arten. Damit wird die Handaufzucht - bei allem damit verbundenen Pflegeaufwand - zu einem äußerst lukrativen Geschäftszweig im Heimtierhandel." (Lantermann, W. (1998): Verhaltensstörungen bei Papageien, Entstehung - Diagnose - Therapie, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart)

Wie groß das Interesse an "Handaufzuchten" mittlerweile ist, lässt sich auch am Absatz diverser "Fachbücher", die der Beschreibung negativer Aspekte der Handaufzucht meist nur wenige Zeilen (bestenfalls ein kleines Kapitel) widmen, deutlich ablesen. So teilt der Verlag des neuerschienenen, und als "das deutschsprachige Standardwerk zum Thema Handaufzucht" angepriesenen, Buches "Handaufzucht von Papageien" (Wagner, R.K. (2001): Handaufzucht von Papageien, Verlag Michael Biedenbänder) mit, dass bereits nach wenigen Monaten wegen der großen Nachfrage eine Neuauflage editiert wurde. Auf lediglich 6 von 123 Seiten dieses "Standardwerkes" wird das FÜR und WIDER von Handaufzuchten thematisiert.
"Eine große Lücke auf dem Buchsektor wurde endlich geschlossen. Diplom-Biologe Matthias Reinschmidt beschreibt Ihnen in seinem ausführlichen Buch die Feinheiten der Kunstbrut und Handaufzucht von Papageien und Sittichen." So offeriert der Arndt-Verlag sein neuestes Angebot auf diesem Sektor.
Die ursprünglich als "Ausnahme" praktizierte Handaufzucht hat sich mittlerweile zu einer von vielen Züchterinnen / Züchtern geförderten "Standard-Methode" entwickelt. Der Eingriff in die natürlichen Brutabläufe wird weithin als "Normalität" wahrgenommen und akzeptiert. Dabei ist die Entscheidung zur Durchführung von Handaufzuchten überwiegend nicht an tiermedizinischen Indikationen oder (tier)ethischen Kriterien, sondern an ökonomischen Interessen, orientiert. Zur Deckung des hohen Bedarfes an "zahmen" Jungvögeln bedienen sich nicht wenige Züchterinnen / Züchter zwecks Steigerung der "Produktion" und Reduzierung der "Ausfallraten" einer hochtechnisierten Ausstattung. Einige Zuchtanlagen in Deutschland sind auf Grund ihrer Größe, des Angebotes und der Ausstattung durchaus mit "Zuchtfarmen" in den USA vergleichbar. Die Möglichkeiten des WWW nutzend, wird die kostspielige Ausstattung auf den betreffenden Pages werbewirksam als Beleg für "Professionalität" präsentiert. Exemplarisch für die Verkaufsstrategie kommerzieller Zuchtanlagen sind nachstehend zitierte Passagen aus der Präsentations-Page einer (deutschen) Papageienzucht:
"Wir geben fast das ganze Jahr über Jungtiere vieler Arten (...) ab. (...) Die ab Ei oder ab der 5. Woche von Hand aufgezogenen Jungtiere sind (...) alle superzahm zu jedermann. Sie können sofort angefasst werden und sind zum Teil bei Abgabe auch schon sprechend (...). Bei Bedarf übernehmen wir auch Handaufzuchten für Sie ab Ei."
Fast beiläufig wird vom gleichen Anbieter darauf hingewiesen, dass "auf Wunsch" auch Naturbruten erhältlich sind. Allerdings dürfte es eher unwahrscheinlich sein, dass Interessenten nach den geschilderten Superlativen in Bezug auf die angebotenen Handaufzuchten überhaupt noch einen Gedanken an den Kauf von Naturbruten verschwenden.
Das werbewirksame Kalkül mit dem "Gefühl" der Kaufinteressenten geht in der Regel auf. Dabei sollte - so treffend der Kieler Zoologe Wolf Herre - "das Wissen des Menschen über das Verhalten der Tiere und nicht unbestimmte Gefühle (...) die Grundlage der Tierpflege sei."
Nur wenige Züchterinnen / Züchter offerieren ihre Nachzuchten so: "Um Verhaltensstörungen vorzubeugen, ist es mein oberstes Ziel, bei der Zucht von Papageien auf Handaufzuchten gänzlich zu verzichten und Jungvögel nur von artgleichen Elterntieren aufziehen zu lassen (Naturbrut / Elternaufzucht). Auch aus diesem Grund bleiben bei mir alle Jungtiere mindestens so lange bei ihren Eltern, bis diese selbständig Futter zu sich nehmen. Dadurch ist aus meiner Sicht gewährleistet, dass die Nachzuchten das der jeweiligen Art typische Verhalten ( insoweit man davon bei einer Volierenhaltung sprechen kann) von den Elterntieren lernen."
Wie hoch der Stellenwert der "Handaufzuchten" mittlerweile einzuschätzen ist, verdeutlichen die nachstehenden Diagramme, die auf Auswertung der Beilage (Kleinanzeigen) des Magazin "Papageien" (Ausgabe 7/02) basieren. Es sei allerdings betont, dass diese Auswertung zwangsläufig nur eine "Momentaufnahme" darstellen kann und umfassendes statistisches Material hierzu nicht zur Verfügung steht.
 
Teil IV

Prozentualer Anteil der "Handaufzuchten" an der Gesamtzahl der angebotenen
Psittaciden




Absolute Zahlen der "Handaufzuchten"
Papageien 07/02 Handaufzucht Naturbrut Wildfang Keine Angabe Summe
Amazonen 31 7 4 46 88
Aras 12 7 4 61 84
Kakadus 12 5 3 130 150
Graupapageien 24 8 12 58 102

Summe 79 27 23 295 424

Diese Zahlen sind auch deshalb bemerkenswert, weil Ralf Sistermann in einer Studie die Kleinanzeigen aus dem Magazin "Papageien" (Ausgabe 4/99) hinsichtlich o.g. Thematik ausgewertet hat und trotz des relativ kurzen Zeitabstandes zu unserer Ausarbeitung (= 3 Jahre) eine wesentliche Verschiebung hin zur Handaufzucht zu verzeichnen ist. So wurden beispielsweise in 04/99 bei den Amazonen keine (!) Handaufzuchten offeriert. Sistermann benennt als Grund hierfür, dass "Amazonen mit Erreichen der Geschlechtsreife äußerst aggressiv werden und somit als Heimtiere nicht sehr beliebt sind". Hinsichtlich des "Beliebtheitsgrades" von Amazonen in der Heimtierhaltung können wir aus eigener Erfahrung die Vermutung von Sistermann allerdings nicht bestätigen. Aber dies sei nur am Rande erwähnt. Wesentlicher scheint uns bei einem Abgleich des Zahlenmaterials, dass ein sich verfestigender Trend zur "Handaufzucht" klar erkennbar wird.
Wohl nicht zu bezweifeln ist, dass sich bei Auswertung der Sparte "Anzeigen" in Magazinen, Tages- und Wochenzeitungen, Beilagen etc. hinsichtlich angebotener "Handaufzuchten" eine Zahl ergeben dürfte, die um ein Mehrfaches über der selektiv aus dem Magazin "Papageien" entnommenen liegt.

Ausblick:

Letztlich könnte nur eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie im Differenzierungsprotokoll zu dem Gutachten "Mindestanforderungen an die Haltung von Papageien" vom 10. Ja. 1995 (Bundesmin. f. Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft) vom Mitunterzeichner H. Brücher unter Pkt. 3 gefordert (Textauszug: "Handaufzucht und Kunstbrut dürfen nur bei Jungvögeln, die von ihren Eltern nicht erfolgreich aufgezogen werden, durchgeführt werden.") Abhilfe schaffen. Gleichwohl sollte es jedem verantwortungsvollen Halter und Züchter Verpflichtung sein, konstant auf die negativen Folgen der "Handaufzucht" hinzuweisen.

Leider hat das o.g. Sachverständigengutachten keine rechtliche Bindungswirkung. Es handelt sich hierbei "weder um ein Gesetz noch um eine Rechtsverordnung, sondern um eine im Auftrag des Bundesministeriums erstellte aktuelle, den neuesten Wissensstand wiedergebende Auslegung des § 2 des Tierschutzgesetzes. Diese Auslegung hat zwar im Vergleich zu Fachbüchern und wissenschaftlichen Einzelgutachten einen besonderen Stellenwert, ist aber nicht rechtsverbindlich." (vgl. Schwabenbauer, K. (2000): "Mindestanforderungen an die Haltung wildlebender Tierarten - eine Verbesserung für den Tierschutz?, Zoologischer Zentral Anzeiger, Ausgabe 4/2000, S.34 ff.)

Trotz einer Vielzahl (noch) ungeklärter Fragen und (bisher) unverstandener Zusammenhänge bezüglich der Auswirkungen von "Handaufzucht" auf Jungvögel und Elterntiere, wird die "Handaufzucht" in großem Umfang praktiziert und (weitestgehend) kritiklos akzeptiert. Man könnte sagen: Die Praxis hat die theoretische Grundlagenforschung überholt. Die wissenschaftliche Methodik des praxiskonstruierenden Charakters von Theorie hat sich in`s Gegenteil verkehrt. Das "Verstehen von Gründen" wird durch das "Formulieren von Gründen" (für die Handaufzucht) ersetzt. (vgl. Mittelstraß, J. (1974): Die Möglichkeit von Wissenschaft, Suhrkamp Frankfurt, Wissenschaft 62).
 
Hi Volker,
Dein "Buch" ( s.o.) belegt doch nur "wissentschaftlich", was vor dir gepostet wurde, oder!:~
Gruß Olly
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Notwendigkeit zur Argumentation

Hallo Olly,
in diesem Thread wurden sehr unterschiedliche (ich nenns mal) "Einstellungen" gepostet und auch sehr viele aus offenkundigen "Fehlinformationen" resultierende "Fehleinschätzungen" deutlich.
Wenn ich jemand von einem Sachverhalt überzeugen möchte, bleibt mir keine andere Möglichkeit, als eine in sich geschlossene Argumentation vorzulegen. Ich möchte nun mal niemand einfach so meine Meinung "aufdrücken", sondern faktisch überzeugen.
Die Notwendigkeit hierfür ist m.E. gegeben.

Liebe Grüße
Volker
 
Thema: schaut mal in die Kleinanzeigen........

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