Ich muß noch eine Lanze für die kleinen, schlanken Wellis brechen: Ich habe in meiner
Voliere 7 kleine und einen großen, Halbstandard. Einige der kleinen, besonders ein kleiner grüner Normalwelli kann es durchaus mit der Leuchtkraft des großen und anderer, reiner Standardvögel aufnehmen. Er hat eine ganz wunderbare klare, grüne Farbe, die sich zu den Schwanzfedern in ein tiefstes, schillerndes Blau verliert. Die Maske ist leuchtend gelb und die Bartflecken tiefblau und die Kehltupfen sehr groß, sehr rund und tiefschwarz. Der Kleine ist wie aus dem Ei gepellt. Zwei kleine Graue (Wellis) sehen auch sehr apart aus. Sie leuchten freilich nicht, aber die klare schwarze Zeichnung hebt sich edel von der dunkelgrauen Zeichnung ab.
Die kobaldblaue Zimterin sieht freilich auch nicht so leuchtend aus, aber das besagt ja der Farbschlag. Ihre Wellenzeichnung ist richtig zimtbraun und die Körperfarbe zimtig überhaucht, daher auch kein Leuchten. Auch ein Standard-Zimter hat keine leuchtenden, sondern eher eine gedeckte Farbe.
Natürlich ist der (Halb-)Standard, was die Farbe angeht, eine dicke Schönheit. Er ist ein Australischer Schecke, dunkelblau. Sein Bauch ist wie mit einem Wölkchen auf azurblauem Grund behangen (Bandschecke), die weißen Flügel und der weiße Schwanz und die Maske bilden einen schönen Kontrast. Die tiefschwarze Wellenzeichnung rundet das GEsamtbild ab. Wie gesagt, farblich ein schöner Kerl. Aber...
Der Dicke wirkt plump, denn er ist viel größer und grobschlächtiger als die Kleinen. Sein Flug wirkt behäbig, das Flattergeräusch ist dumpf. Die gebauschten Federn um seinen Bauch und Kloake machen ihn noch dicker. Wenn er über das Gitter flitzt, poltert er förmlich.
Er ist sehr schüchtern, die Kleinen scheinen ihm weit überlegen. Vielleicht hat er aber auch nur einen so zurückhaltenden Charakter...
Außerdem leben die Kleinen, schlanken viel länger... noch ein Grund, keinen Standardvogel zu kaufen.
Mit den unüberlegten Käufern... das ist eine lange, nicht enden wollende Geschichte...
In Berlin kosten normale Wellis durchaus zwischen 40 und 50 Mark. Trotzdem werden sie leichtsinnig gekauft. Wenn KLEINE, unrepräsentative Sittiche teurer wären, würden sie vielleicht seltener gekauft werden, aber vielleicht bekommen sie auch nur einen anderen Status... Gerade bei großen Papageien bin ich oftmals davon überzeugt, daß sie nur aus Dekoration angeschafft wurden. Wären sie nicht so vergleichsweise teuer, hätten einige es nicht darauf abgesehen. Man muß ja schließlich auch sehen, was man Teures da hat. Andere kaufen es freilich, um ein lebendes Dekorationselement zu haben. Da spielt der Wert nicht die große Rolle. Andere kaufen es, weil es eben gerade noch so erschwinglich ist und lange lebt und weil das Tier den Menschen unterhalten soll. Heutzutage ist doch alles nur auf kurzlebige Unterhaltung ausgerichtet, das merkt man doch, wenn man mal den Fernseher einschaltet.
Also, einen Teil der Käufer mögen höhere Preise ja abschrecken, andere jedenfalls nicht. Für einige ist so ein Vogel wie ein teurer Sportwagen eben ein Statussymbol und es wird immer Leute geben, die diesen (und sei es gebraucht, sowohl Tier als auch Auto) um seines Status' willen kaufen. Wie läßt es sich sonst erklären, daß uralte Porsche für (immer noch) völlig überteuerte 10000 DM über den Ladentisch gehen, wo man die Autos doch meist sofort verschrotten könnte... Mit den gebrauchten Vögeln ist das so eine Sache, wenn sie lieb und vollständig befiedert und relativ preiswert sind, ja; wenn sie allerdings rupfen oder eine Macke haben, freilich nicht. Natürlich muß ein repräsentativer Vogel auch brav auf der Schulter sitzen um zum Kaffeklatsch den Gästen artig einen Keks aus den Händen nehmen und einen lustigen Spruch sagen. So läßt es sich repräsentieren. Da wird es nicht wenig Leute geben, die bewundert meinen, was für einen süßen Vogel man da doch habe. Schade, daß dies das Idol so vieler Papageienbesitzer ist. Schade vor allem um die schönen Tiere...
Gruß, Silke.