So, ich habe gerade beschlossen, ich schreibe dir HIER.
Selbstverständlich gehört es erstmal dazu, länger beim Zeichnen dabei zu bleiben. Wenn man das nur über ein paar Wochen regelmäßig macht und dann sein lässt, erreicht man sicher nicht das Ergebnis, das man angestrebt hat. Über mehrere Monate/Jahre durchschnittlich 1 Stunde am Tag sollte drin sein.
Ich wurde mal nach Kunstnachhilfe gefragt und hatte da eine fürchterliche 14-Jährige sitzen, die von sich selbst absolut überzeugt war, aber nicht mal eine halbwegs gerade Linie ziehen konnte. Ihre Erwartung: Wir treffen uns jetzt dreimal für je 2 Stunden, dann ist sie der neue Michelangelo. Erste Übung mit ihr: Wir zeichnen eine Kugel, die einen Lichtpunkt hat und einen Schatten wirft. Katastrophe. "Erklärst du mir nächstes Mal, wie man ein Porträt zeichnet?"
Wir hatten 4 Termine, danach war für sie die Luft raus. Das Zeichnen an sich muss einfach Spaß machen. 30 Stunden auf ein Ziel hinarbeiten, dabei aber den Arbeitsprozess hassen, und das alles nur aus Hobby - das funktioniert nicht.
Ich würde als Jugendlicher/Erwachsener erstmal mit Studien anfangen, vorher aber die Basis: Wer bisher nicht gezeichnet hat, sollte sich mit einem Bleistift vertraut machen - Farbe ist realistisch angewandt für den Anfang ziemlich schwer - und erstmal gucken, was man damit machen kann, also tatsächlich üben: Zarte, helle Schraffur, "Schummern" (weiche Übergänge hell zu dunkel
ohne sichtbare Linien oder Strukturen), Flächig gleichmäßig füllen und vor allem ganz weiche Linien machen. Lernen, nicht aufzudrücken. Und das Papier erwartet nichts, das klingt erstmal blöd, aber man muss sich halt auch trauen, dieses Stück Faser grauenvoll zuzurichten. Durchgängig lange, geschwungene Linien zu ziehen, ohne diese 50-Striche-von-3-Millimeter-Länge-aneinanderreihen-Taktik anzuwenden.
Und wenn das gut läuft (nach 10 Stunden solche Kritzeleien üben - in der Schule, am Schreibtisch,...), dann überlegt man sich ein supermegahammertolles Motiv. Und dann macht man
Studien, ganz ganz viele davon.
Sprich, bei deinem Rotmilan: Such dir gute Bilder bestimmter Partien und des ganzen Vogels raus und druck sie in DIN A4 oder A5 aus. Also z.B. Bilder der Füße, wo man gut die Beschuppung erkennt, Nahaufnahmen vom Kopf, wo du die Wachshäute gut siehst und den "Fluß", also die Richtung des Federwuchses, die Augen und die Haut drum rum, einzelne Federn auf der Brust und nach welchen Regeln die sich überlappen... Und dann skizzierst du einfach mal zusammenhanglos Federn und Beine und Schnäbel, ein paar Male, auf einem Blatt Papier einfach mal 5 verschiedene Ansichten eines Fußes
Du malst sie quasi erstmal ab, zig male, das übt unglaublich gut und du wirst schnell bemerken, dass jede Zeichnung besser ist als die davor, alles mit Bleistift.
Und dann, wenn du das Gefühl hast, du bist "würdig" für eine richtige, detaillierte Zeichnung, dann nimmst du dir Papier mit möglichst 120g/qm², Bleistifte von HB bis 4B, einen Anspitzer, ein ordentliches Radiergummi (und das alles möglichst nicht aus dem 1-Euro-Shop, mit solchem Werkzeug macht das keinen Spaß), dazu eine oder mehrere gute Vorlagen auf A4 und gaaaaaaaaanz viel Zeit. 1:1 Vorlage abmalen ist auch okay, man muss ja erstmal kennen lernen, was man da zeichnet. Und den dritten Milan malst du dann schon fast aus dem Kopf oder vom lebenden Objekt ab, was ja bei dir durch deine Arbeit nicht so schwierig sein sollte.
Soweit erstmal... Du bist sichtlich noch am Anfang, aber der sieht schon mal sehr gut aus! Proportionen liegen dir auf jeden Fall, das kann nicht jeder von dich behaupten. Aber du machst bisher nur Flächen, Felder, die du mit Mustern füllst. Du brauchst Licht. Am besten steigst du wirklich erstmal auf Schwarz-Weiß um (Bleistift) und übst einzelne Partien.
Puh. Keine Ahnung, obs hilft... Ich würde gern noch viel mehr sagen, weil ich glaube, ziemlich genau zu wissen, wie du arbeitest... Und dir die richtigen Knuffe an den richtigen Stellen zu geben. Und bitte, bitte, lass dich von keinen hier gezeigten Arbeiten einschüchtern, erst recht nicht von meinen!
Soweit liebe Grüße
harpyja