südwind
Foren-Guru
- Beiträge
- 1.756
oder hier:zur eigenen meinungsbildung: Besser-Esser
Die Spielregeln des Fair Trade
Ursula Csejtei (1.11.2005)
Am Anfang schnell ein paar Zahlen: Wenn du ein Kilo Bananen im Supermarkt kaufst, dann bekommt ein Plantagenarbeiter weniger als 1% vom Verkaufspreis. Im Fairen Handel erstandene Bananen bringen den Produzenten/innen immerhin einen Anteil von 14% vom Verkaufspreis ein. Wie funktioniert das und was bringt´s? Was steckt eigentlich hinter dem Konzept von Fair Trade? Mehr als politisch korrekte Bananen und ein gutes Gewissen beim Einkauf? Ja, definitiv, denn Fair Trade ist immer auch eine grundlegende Kritik an der dominierenden Welthandelspolitik.
Fair Trade steht einer Welthandelspolitik entgegen, die den Freihandel ohne Rücksicht auf Verluste propagiert. "Nicht Gewinnmaximierung, der sich alle anderen Aspekte unterzuordnen haben, ist das Ziel", erklärt Andrea Milcher vom Dachverband der Weltläden in Deutschland. Im fairen Handel ist die Sicherung der sozialen Rechte der Produzenten/innen und Arbeiter/innen in den Ländern des Südens zentral. Denn sie sind diejenigen, die im globalisierten Wettbewerb ansonsten schnell auf der Strecke bleiben.
Fair Trade vs. Free Trade
Fair Trade richtet deshalb eine Botschaft an die Politik: Gefordert wird eine Neugestaltung der Welthandelsregeln. Statt nur die Liberalisierung der Märkte voranzutreiben, soll auch sozial und ökologisch nachhaltiges Wirtschaften gefördert werden. Außerdem wird die Doppelmoral der gängigen Freihandelspolitik angeprangert, denn Industrieländer subventionieren ihre eigenen Landwirtschaften nach wie vor und schützen ihre Märkte durch Importzölle für verarbeitete und agrarische Produkte aus den Ländern des Südens.
Fair Trade fordert aber auch die Konsumenten dazu auf, sich zu informieren und bewusst einzukaufen, anstatt sich nur nach Marken und Schnäppchen zu orientieren. Wer Geiz geil findet, muss sich darüber im Klaren sein, dass es faire Produktionsbedingungen nicht zum Spottpreis geben kann.
Dazu auf fluter:
Kleine Frau, was nun?
Die Probleme der Unternehmerin Muni Uddin
Make Trade Fair
Sven Giegold im Interview
Was läuft im fairen Handel anders als im "normalen" Handel? Zwischen den Produzenten und den Konsumenten steht nur eine Importeursgesellschaft - Börsen, verarbeitende Industrie, Konzerne als Zwischenhändler werden ausgeschaltet. Das heißt, der Gewinn geht auch tatsächlich zu einem großen Teil an die Produzenten und Produzentinnen und finanziert zum Beispiel nicht die Werbekosten für einen Markennamen mit.
Außerdem bieten Fair-Trade-Organisationen den Produzenten finanzielle Starthilfen, eine gewisse Sicherheit durch langfristige Handelsbeziehungen und einen fixen Minimalpreis für die hergestellte Ware. Die Produzenten wiederum legen sich auf die Einhaltung festgelegter Sozial- und häufig auch Ökostandards in der Produktion fest. Beim Kauf einer fair gehandelten Ware bezahlt man in der Regel außerdem noch einen Mehrpreis. Dieses "Extra-Geld" steht den Produzenten für Weiterbildung, Anschaffungen oder Investitionen in soziale Projekte zur Verfügung.
Ethischer Konsum
Fair Trade hilft also Kleinproduzenten aus den Ländern des Südens - allerdings ohne sie einfach zu Empfängern von Hilfeleistungen zu machen. Sie bekommen, was ihnen zusteht: einen Zugang zum Markt und eine gerechte Entlohnung für die geleistete Arbeit. Im besten Falle ist Fair Trade eine Strategie des "Empowerments" der Produzentinnen und Produzenten und versetzt sie in die Lage, ihre Leben wieder selbstverantwortet und selbstbestimmt zu gestalten.
So weit so gut. Aber wie ist Fair Trade organisiert und wie wird gesichert, dass auch Fair Trade drin ist, wenn Fair Trade draufsteht? Importeursgesellschaften wie zum Beispiel gepa oder El Puente e.V. kaufen Güter in den Ländern des Südens ein. Klassisches Beispiel: Ein Importeur kauft Kaffee in Nicaragua. Ob dieser Kaffee wirklich unter fairen Bedingungen hergestellt wird, das inspiziert die "Fairtrade Labelling Organisation". Sie schickt einen Inspekteur zu den Produktionsstätten, der vor Ort prüft, ob soziale und ökologische Mindeststandards auch wirklich eingehalten werden. Wenn so weit alles fair gelaufen ist, kann die Importeursgesellschaft bei Transfair e.V., einem Verein in Deutschland, eine Lizenz erwerben, die ihnen erlaubt, ihre Produkte mit dem Transfair-Siegel zu kennzeichnen. Das hat den Zweck, dass Konsumenten und Konsumentinnen erkennen können, dass sie mit ihrem Einkauf den fairen Handel unterstützen, und macht den so genannten "ethischen Konsum" erst möglich.
Fair Trade im Mainstream?
Seitdem in den 1960er-Jahren die ersten Fair-Trade-Initiativen von politischen und kirchlichen Gruppen gegründet wurden, hat sich in Deutschland einiges getan. Heute gibt es immerhin schon ein Netz von circa 800 Weltläden, 6000 Aktionsgruppen, Supermärkten, Bio- und Naturkostläden und Firmenkantinen, die fair gehandelte Produkte verkaufen. Fair Trade hat damit einen Schritt weg vom Nischendasein hin zum Mainstream-Markt gemacht und wächst weiter. Absolut gesehen haben Fair-Trade-Produkte allerdings immer noch einen sehr kleinen Marktanteil. Es reicht also nicht, wenn Fair Trade wächst - gleichzeitig muss auch der Mainstream fairer werden.
Ursula Csejtei ist fluter-Praktikantin.
Fotos: © TransFair
http://www.fluter.de/look/article.t...tion=2&NrIssue=42&NrSection=11&NrArticle=4405
www.attac.org
Attac setzt sich für soziale und ökologische Gerechtigkeit im Globalisierungsprozess ein.
www.foodwatch.de
Foodwatch informiert Verbraucher/innen, damit sie ihren politischen Willen auch beim Einkauf von Nahrungsmitteln geltend machen können.
www.bpb.de/publikationen/GW2QNJ
Die Globalisierung und die Dritte Welt, aus Politik und Zeitgeschichte
www.fairtrade.net
FLO - Fair Labelling Organization International
www.gepa3.org
gepa Fair Handelshaus
www.el-puente.de
El Puente e.V.
www.banafair.de
Alles über den Fairen Handel mit Bananen
www.transfair.org
TRANSFAIR - Siegel für Fairen Handel
.
Die Spielregeln des Fair Trade
Ursula Csejtei (1.11.2005)
Am Anfang schnell ein paar Zahlen: Wenn du ein Kilo Bananen im Supermarkt kaufst, dann bekommt ein Plantagenarbeiter weniger als 1% vom Verkaufspreis. Im Fairen Handel erstandene Bananen bringen den Produzenten/innen immerhin einen Anteil von 14% vom Verkaufspreis ein. Wie funktioniert das und was bringt´s? Was steckt eigentlich hinter dem Konzept von Fair Trade? Mehr als politisch korrekte Bananen und ein gutes Gewissen beim Einkauf? Ja, definitiv, denn Fair Trade ist immer auch eine grundlegende Kritik an der dominierenden Welthandelspolitik.
Fair Trade steht einer Welthandelspolitik entgegen, die den Freihandel ohne Rücksicht auf Verluste propagiert. "Nicht Gewinnmaximierung, der sich alle anderen Aspekte unterzuordnen haben, ist das Ziel", erklärt Andrea Milcher vom Dachverband der Weltläden in Deutschland. Im fairen Handel ist die Sicherung der sozialen Rechte der Produzenten/innen und Arbeiter/innen in den Ländern des Südens zentral. Denn sie sind diejenigen, die im globalisierten Wettbewerb ansonsten schnell auf der Strecke bleiben.
Fair Trade vs. Free Trade
Fair Trade richtet deshalb eine Botschaft an die Politik: Gefordert wird eine Neugestaltung der Welthandelsregeln. Statt nur die Liberalisierung der Märkte voranzutreiben, soll auch sozial und ökologisch nachhaltiges Wirtschaften gefördert werden. Außerdem wird die Doppelmoral der gängigen Freihandelspolitik angeprangert, denn Industrieländer subventionieren ihre eigenen Landwirtschaften nach wie vor und schützen ihre Märkte durch Importzölle für verarbeitete und agrarische Produkte aus den Ländern des Südens.
Fair Trade fordert aber auch die Konsumenten dazu auf, sich zu informieren und bewusst einzukaufen, anstatt sich nur nach Marken und Schnäppchen zu orientieren. Wer Geiz geil findet, muss sich darüber im Klaren sein, dass es faire Produktionsbedingungen nicht zum Spottpreis geben kann.
Dazu auf fluter:
Kleine Frau, was nun?
Die Probleme der Unternehmerin Muni Uddin
Make Trade Fair
Sven Giegold im Interview
Was läuft im fairen Handel anders als im "normalen" Handel? Zwischen den Produzenten und den Konsumenten steht nur eine Importeursgesellschaft - Börsen, verarbeitende Industrie, Konzerne als Zwischenhändler werden ausgeschaltet. Das heißt, der Gewinn geht auch tatsächlich zu einem großen Teil an die Produzenten und Produzentinnen und finanziert zum Beispiel nicht die Werbekosten für einen Markennamen mit.
Außerdem bieten Fair-Trade-Organisationen den Produzenten finanzielle Starthilfen, eine gewisse Sicherheit durch langfristige Handelsbeziehungen und einen fixen Minimalpreis für die hergestellte Ware. Die Produzenten wiederum legen sich auf die Einhaltung festgelegter Sozial- und häufig auch Ökostandards in der Produktion fest. Beim Kauf einer fair gehandelten Ware bezahlt man in der Regel außerdem noch einen Mehrpreis. Dieses "Extra-Geld" steht den Produzenten für Weiterbildung, Anschaffungen oder Investitionen in soziale Projekte zur Verfügung.
Ethischer Konsum
Fair Trade hilft also Kleinproduzenten aus den Ländern des Südens - allerdings ohne sie einfach zu Empfängern von Hilfeleistungen zu machen. Sie bekommen, was ihnen zusteht: einen Zugang zum Markt und eine gerechte Entlohnung für die geleistete Arbeit. Im besten Falle ist Fair Trade eine Strategie des "Empowerments" der Produzentinnen und Produzenten und versetzt sie in die Lage, ihre Leben wieder selbstverantwortet und selbstbestimmt zu gestalten.
So weit so gut. Aber wie ist Fair Trade organisiert und wie wird gesichert, dass auch Fair Trade drin ist, wenn Fair Trade draufsteht? Importeursgesellschaften wie zum Beispiel gepa oder El Puente e.V. kaufen Güter in den Ländern des Südens ein. Klassisches Beispiel: Ein Importeur kauft Kaffee in Nicaragua. Ob dieser Kaffee wirklich unter fairen Bedingungen hergestellt wird, das inspiziert die "Fairtrade Labelling Organisation". Sie schickt einen Inspekteur zu den Produktionsstätten, der vor Ort prüft, ob soziale und ökologische Mindeststandards auch wirklich eingehalten werden. Wenn so weit alles fair gelaufen ist, kann die Importeursgesellschaft bei Transfair e.V., einem Verein in Deutschland, eine Lizenz erwerben, die ihnen erlaubt, ihre Produkte mit dem Transfair-Siegel zu kennzeichnen. Das hat den Zweck, dass Konsumenten und Konsumentinnen erkennen können, dass sie mit ihrem Einkauf den fairen Handel unterstützen, und macht den so genannten "ethischen Konsum" erst möglich.
Fair Trade im Mainstream?
Seitdem in den 1960er-Jahren die ersten Fair-Trade-Initiativen von politischen und kirchlichen Gruppen gegründet wurden, hat sich in Deutschland einiges getan. Heute gibt es immerhin schon ein Netz von circa 800 Weltläden, 6000 Aktionsgruppen, Supermärkten, Bio- und Naturkostläden und Firmenkantinen, die fair gehandelte Produkte verkaufen. Fair Trade hat damit einen Schritt weg vom Nischendasein hin zum Mainstream-Markt gemacht und wächst weiter. Absolut gesehen haben Fair-Trade-Produkte allerdings immer noch einen sehr kleinen Marktanteil. Es reicht also nicht, wenn Fair Trade wächst - gleichzeitig muss auch der Mainstream fairer werden.
Ursula Csejtei ist fluter-Praktikantin.
Fotos: © TransFair
http://www.fluter.de/look/article.t...tion=2&NrIssue=42&NrSection=11&NrArticle=4405
www.attac.org
Attac setzt sich für soziale und ökologische Gerechtigkeit im Globalisierungsprozess ein.
www.foodwatch.de
Foodwatch informiert Verbraucher/innen, damit sie ihren politischen Willen auch beim Einkauf von Nahrungsmitteln geltend machen können.
www.bpb.de/publikationen/GW2QNJ
Die Globalisierung und die Dritte Welt, aus Politik und Zeitgeschichte
www.fairtrade.net
FLO - Fair Labelling Organization International
www.gepa3.org
gepa Fair Handelshaus
www.el-puente.de
El Puente e.V.
www.banafair.de
Alles über den Fairen Handel mit Bananen
www.transfair.org
TRANSFAIR - Siegel für Fairen Handel
.