Moin moin!
Tja, ich habe zu meinen handaufgezogenen Grauen ja einen Wildfang gesetzt (Henriette) und es hat wunderbar mit Alf geklappt. Ihr genaues Alter weiß ich nicht, sie ist letztes Jahr importiert worden und sicherlich älter als ein Jahr. Ich würde sogar tippen, das sie bereits geschlechtsreif ist, also mindestens drei Jahre alt.
Meines Erachtens hat es auch eben deshalb geklappt, weil Henriette ein Wildfang ist und entsprechend viel in die Kontaktaufnahme mit Alf "investierte", was ein zweiter handaufgezogener Vogel eventuell nicht tut, da er sich dann wieder auf Menschen konzentriert (so hat ja auch die Verpaarung mit Alf und Charlie nicht geklappt). Aber sicherlich ist auch dies nur Spekulation.
Zu den Kämpfen: noch klingt es für mich sehr nach Rangordnungs- und Revierberteidigungskämpfen, wobei besonders das Vetreiben von den Futternäpfen typisch ist, ebenso das Beißen nach den Füßen (etwas, das auch Alf und Henriette tun, wenn der jeweils andere etwas macht, was ihnen mißfällt).
Das der neue Rico sich als Hasenfuß zeigt, finde ich wie Du auch normal, schließlich kommt er als neuer in das Revier eines anderen Grauen und der Verteidiger eines Revier zeigt oft ein stärkeres aggressives Verhalten als das vermeintliche Angreifer.
Bei Rangordnungs- und Revierkämpfen sollte man sich als Mensch heraushalten, so schwer es auch fallen mag: es gehört nun einmal zum natürlichen Verhalten und die Rangordnung müssen die Vögel unter sich ausmachen.
Vor allem Lantermann (Graupapageien, 2000) weist daraufhin, dass der Erfolg einer Verpaarung oft durch das (durchaus gutgemeinte) Eingreifen des Menschen zunichte gemacht wurde.
Nehmen die Kämpfe einen ernsthafteren Charakter an, so muß man natürlich in den beengten Raumverhaltnissen ohne große Fluchtmöglichkeit eingreifen. Das Problem für uns alle (mich eingeschlossen) alle besteht aber ja darin, einzuschätzen, wann die Kämpfe für die Vögel zu gefährlich werden.
Stefan Luft (Der Graupapageie, 1994) beschreibt recht ausführlich das aggressive Verhalten von Grauen, welches ich z.T. auch bei meinen dreien beobachten kann:
Eine schächere Form des Drohens ist das leichte Abspreizen des Gefieders im Bauch-, Rücken- und Kopfbereich.
Eine Form der aggressionshemmenden Beschwichtigung und Abwehr ist das Heben eines Fußes, wodurch dem anderen Vogel die empfindliche Fußinnenseite präsentiert wird (ein Verhalten, das ich auch zwischen Henry und Alf beobachten kann).
Manchmal reagiert der andere Vogel in gleicher Weise und es
kommt zu kleinen Fußgefechten (erst zweimla zwischen Alf und Henry beobachtet, früher öfters zwischen Alf und Charlie). Auch diese sind in der Regel noch harmloserer Natur und nicht zu verwechseln mit "Hahnenkämpfen", bei denen sich beide Vögel ineinander verkrallen (diese bilden quasi die höchste Stufe der Aggression und erfordern m.E. das sofortige Einschreiten, da hier Verletzungen der Tiere nicht ausgeschlossen sind. Hahnenkämpfe habe ich nur einmal bei dem ersten Neuverpaarungxversuch von Rufine mit einem männlichen Mohren beobachtet, den ich dann auch nach einigen Wochen abbrach).
Ernsthafter ist es schon, wenn ein Grauer das Gefieder aufstellt und den Flügelbug leicht abspreizt bis er wie eine "Federkugel" wirkt. Dabei verharrt der Vogel mit gesenktem, hin und her bewegten Kopf und mit auf den anderen gerichteten Schnabel vor diesem (übrigens ein Verhalten, das ich auch von Grauen in Panik kenne, wenn sie nicht fliehen können).
Wenn der andere Graue aufgrund dieser Drohung nicht die Flucht ergreift, kommt es manchmal zu Schnabelgefechten, die meist aber nur von kurzer Dauer sind und ohne Verletzungen abgehen (bei mir zu beobachten zwischen Alf und Charlie bzw. Henry und Charlie).
Eine weitere Steigerung liegt vor, wenn ein Grauere mit leicht gesenktem Kopf und abgestellten Gefieder parallel zur Astrichtung auf den anderen relativ schnell zuläuft (auf diese Weise vertreibt mein Mohrenkopfweibchen Rufine sogar die Grauen von ihrem Käfig).
Noch agressiver ist das Anfliegen (zeitweise hat dies Charlie gegenüber dem damals noch flugunfähigen Alf versucht, aber ohne Erfolg: er konnte Alf so nicht von seinem Platz vertreiben und macht es jetzt nicht mehr. Neue Versuche startete Charlie gegeüber Henry, zunächst mit Erfolgm bis Henry ihn ein paar verfolgte, seitdem läßt er es bislang auch Henry gegenüber).
Ich kann nur hinzufügem, das selbst Schreien und Quieken (oft fehlerhaft von uns als "Scmerzenslaute" interpertiert) eines Graien noch kein Anzeichen für wirklich ernsthafte Kämpfe sein müssen, denn das macht Henriette auch mal, wenn es mal einen kleinen Streit mit Alf gibt oder der zu aufdringlich wird.
Es ist sicherlich im konkreten Fall sehr schwer zu beurteilen, ob es richtig ist, den Verpaarungsversuch fortzusetzen. Eindeutig sind für mich da nur Hahnenkämpfe, da hier auch oft die natürliche beißhemmung von Grauen gegenüber Artgenossen wegfällt. Alles andere ist - leider - eher Gefühlssache.
Wie lange Rangordnungskämpfe dauern, ist ebenfalls sehr schwer zu bantworten: wenn sich beide Grauen in einer gemeinsamen
Voliere aufhalten, sind sie oft schon nach einer Woche vorbei, auch wenn es immer mal wieder zu Auseinandersetzungen kommt, da der Rangniedrigere immer mal wieder versuchen wird, sich gegen den Ranghöheren durchzusetzen.
Etwas völlig anderes ist es jedoch beim Zimmerfreiflug: da geht es um Revieransprüche. Die beiden Grauen haben ja als ihre Reviere ihre Käfige, im übrigen Zimmer dagegen halten sie sich nicht ständig und manchmal nicht gemeinsam auf, so das die Revieransprüche eigentlich ungeklärt sind. Sie müssen deshlab bei jedem gemeinsamen Freiflug erneut geklärt werden. Das kann dann u.U. Monate dauern.
Bei Florian kommt vielleicht noch hinzu, das sie, da zumindest ein wenig zahm, Dich eventuell als Partner sieht, den sie nun gegen einen Rivalen verteidigen muß. Da hilft wirklich nur, sich soweit es geht von ihr zurückzuziehen.
Auf alle Fälle halte ich es für den richtigen Weg, den beiden so oft es geht beaufsichtigten gemeinsamen Freiflug zu gewähren, denn nur so können sie ihre Beziehung zueinander aufbauen und sich möglichst aus den Kämpfen herauszuhalten.
Wie gesagt: Krallen- und Schnabelgefechte sind in aller Regel noch harmlos, auch Anfliegen und Hinterherjagen sollte solange kein Grund zu Eingreifen sein, wie es nicht zu Bißverletzungen oder Hahnenkämpfen kommt.
Ich würde tippen, das nach sechs Wochen die Fronten zwischen beiden Vögeln bei gemeinsamen Freiflug geklärt sein sollten, d.h. es nur noch selten zu Auseinadersetzungen kommen sollte. Das heißt aber leider noch nicht, das damit auch die Verpaarung gelungen ist: durchaus kann es sein, das sie sich die nächsten Wochen und Monate erstmal weitgehend ignorieren. Mir sind Fälle bekannt, wo erst nach einem Jahr die beiden Vögel ein Paar bildeten.
Auch bei Alf und Henry kann noch von einem harmonisierenden nicht die Rede sein, auch wenn sie meiner Einschätzung nach auf dem besten Wege dahin sind.
Tika, ich drücke Dir die Daumen und wünsche Dir viel Geduld und gute Nerven!