Huhu!
Bei mir sitzen zum Teil 20-30 Elster direkt neben der Bahn auf dem Feld. Wenn die anfangen ihre Jungen großzuziehen
Warum geht eigentlich jeder davon aus, dass viele rumsitzende Elstern auch ebenso viele Brutvögel bedeuten?
1) Wie jedem interessierten und belesenen Menschen mit etwas Beobachtungsgabe bekannt sein sollte, schließen sich Elstern im Winter abends/ nachts zu Schlafgemeinschaften zusammen, welche neben unverpaarten Vögeln und Nichtbrütern auch die Brutpaare der Gegend enthalten. So kommen regional leicht mal 6- 30 Elstern zusammen...
2) Aus diesen Gemeinschaften lösen sich im Februar/ März die Brutpaare, welche alsdann ihre ehemaligen Kumpels in den Hintern beißen und zum Teufel jagen, so dass in einem Brutrevier von einstmals 30 Elstern schnell nur noch 2 übrig sind.
3) So bleiben nach dem Ausscheiden der Brutpaare die reinen Nichtbrüter und jungen Paare, die kein Revier erobern konnten.
Diese stellen die Populationsreserve dar, aus der sich neue Paare oder neue Partner für verwitwete Einzelvögel rekrutieren, und die den gesunden Stand einer Population anzeigen.
4) 30 Elstern sind, so kurios es klingt, vom populationstechnischen Standpunkt aus gesehen nicht wirklich 30 Elstern...
Die 30 Elstern stellen die lokale
Gesamtpopulation dar, die
effektive Populationsgröße aber, also die, die sich wirklich fortpflanzen kann, die liegt im dümmsten Falle bei nur 2- 9 Vögeln, also nur einem Bruchteil der Anzahl...
So zählt unsere Kanadaganskolonie hier nach einem winter-, und damit schwächebedingten stärkeren Bestandseinbruch um ein Drittel seit Frühjahr 2010 noch knappe 40 Tiere. Und von denen hatte 2010 nur ein Paar (!) Bruterfolg, 2009 waren es noch drei Paare (bei knapp 60 Vögel als Gesamtpopulation).
Es haben also keinesfalls alle 40 Gänse gebrütet, also keine 20 Paare zogen jeweils bis zu 7 Junge auf... Das haben sie nie getan, und werden sie nie tun.
Der hiesige Gänsetrupp war in den stärksten Zeiten jene knappen 60 Vögel groß, doch in keinem Jahr hatten mehr als 3- 4 Paare Bruterfolg. Andere Paare versuchten es zwar, aber aufgrund intraspezifischer Aggression, Konditionsmangel der Weibchen etc. pp. ging die ffektive Populationsgröße nie über erwähnte 3- 4 erfolgreiche Paare hinaus.
Ebenso der Nachzuchterfolg. Als die Kolonie noch kleiner war, hatten wenige Paare viel Bruterfolg (so 2003 zwei Paare mit jeweils 7 flügge gewordenen Jungvögeln). Mit dem Wachsen der lokalen Kolonie hatten dann zwar mehr Paare Bruterfolg, die Gesamtbilanz des Nachwuchses aber blieb gleich oder sogar geringer. So waren es 2009 wie gesagt 3 erfolgreiche Paare, die aber zusammen nur 7 Junge aufzogen (2x 1, 1x 5)...
Und haargenau ebenso ist das bei den Elstern!
Ist die Zahl der Gesamtpopulation klein, haben die wenigen Brutpaare viel Bruterfolg, und bringen etwa alle 4- 5 Küken auf. Wächst nun die Gesamtpopulation, mag die Zahl der Brutpaare zwar wachsen, aber nur soweit, wie das Gebiet es erlaubt (Nistgelegenheiten, Nahrungsangebot), die wiederum nur soviel Nachwuchs aufbringen, wie es die Gesamtpopulation erlaubt, welche die Ressourcen im gleichen Lebensraum ebenfalls beansprucht.
Heißt: Wird die Gesamtpopulation größer, werden die Brutreviere zwar vielleicht zahlreicher, aber auch kleiner, und damit sinkt der Nachzuchterfolg, und von dann vielleicht 4 Paaren kommen nur jeweils 1- 3 Jungvögel aus.
Bejagt man nun den "zu hohen" Elsternbestand eifrig, was passiert dann?
Werden es weniger? Im betreffenden Jahr vielleicht, aber spätestens im nächsten Herbst ist die Zahl wieder genauso hoch, wenn nicht sogar höher als vorher, weil wieder mehr Platz ist, und somit der Nachzuchterfolg steigt... Das einzige, was man mit eifriger Jagd auf möglichst viele Vögel erwirkt, ist also, dass die ebenso eifrig nachwachsen...
Effektiver wäre es also, nur eine mäßige Zahl von Vögeln abzufangen, und sich mit dem auf relativ hohem, aber gleichbleibenden Niveau eingependelten Bestand abzufinden, wenn man nicht Brachialmethoden wie zu früheren Zeiten anwenden will, alá Nester ausschießen oder rund ums Jahr bejagen.
aber man muß auch immer an die Aufgaben eines Weidmannes denken und nicht daran, Hauptsache den Greif oder Falken auf irgend ein Wild loszulassen. Mit dem Hobby der Beizjagd trägt man auch eine Verantwortung der Natur gegenüber.
Da meine abgegebenen Tipps und Ideen zur Elsternbejagung so erscheinen könnten, als würde ich mich dran "aufgeilen", möchte ich nur sagen: Das "einfach auf irgendwas werfen" ist nicht mein Ziel! Ich gebe zu, es liest sich fast wie die sabbernden Ergüsse eines grünen 15jährigen, der noch feucht hinter den Ohren ist (am Schlafbaum, Frett in den Busch lassen), und das tut mir leid. Meine Idee dabei war bloss, auch die Elster im bescheidenen Rahmen zu nutzen, bevor bei denen vielleicht dieselbe Situation entsteht wie beim Fuchs in der "normalen" Jägerschaft. Sprich also, den Elsternkritikern das Gefühl geben, man tut etwas, wohl wissend, dass man nichts wirkliches erreichen kann und daher quasi sowas wie Schadensbegrezung betreibt.
Da ich scheinbar mit meinen goldigen Tipps und Ideen etwas über's Ziel hinausgeschossen sein könnte, werde ich in dem Bereich hier jetzt die nächste Zeit lieber erstmal die Gusch halten und mich etwas zurückziehen. Nochmals, tut mir leid, meine Tipps sollten nicht den Eindruck erwecken, mir fehlte der Respekt vor den Elstern oder dem Wild...
Wer das denkt, denke bitte daran, dass ich in all den Jahren, die ich hier bin, eher ein glühender Fürsprecher der Rabenvögel war und noch immer bin (Stichwort Singvogelausrottung durch Elstern etc.)...
Gruß, Andreas