Hallo erst einmal an alle,
zum Thema Stadttaube... *zuvor zur Erläuterung etwas aushol*
Am 11. März dieses Jahres stand ich wie jeden Morgen am Bahnhof (auf dem Weg zur Arbeit) vor dem Kaffee-Kiosk.
Die Angestellte, die ich sehr gut kenne, zeigte in eine Nische eines Metalträgers und dort verkroch sich ein ca. 12-15 Tage altes Stadttaubenkücken. Es war schon ganz unterkühlt und hatte einen ganz leeren Kropf. Kurz um, ich dachte es wird nicht mehr lange machen.
Da der Bahnhof derzeit renoviert wurde, waren Taubennester ohne Rücksicht auf Küken zerstört worden. Ein weiteres Küken lag etwas Abseits in der Straßengosse -
tot! (ich schätze, dass es aus dem selben Nest stammt, da Tauben ja meistens 2 Eier pro Gelege haben und ein weiteres Nest in der Nähe nicht mehr zu finden war).
Die Stadttauben, die sich hier sonst aufhalten, hatten sich größten Teils durch die Baumaßnahmen verzogen - das Elternpaar tauchte auch den ganzen Tag nicht mehr auf (erste jetzt wo die Bauarbeiten dort abgeschlossen sind kommen sie nach und nach wieder).
Der Mitarbeiter aus dem Zeitungsladen gegenüber hatte mitbekommen, dass dort noch ein lebendes Taubenküken lag und sagte: "Ich hab ne Schippe im Laden, der ziehen wir eins über und ruhe is", und drehte sich grad um, um die Schippe zu holen.
Ich war im Bruchteil einer Sekunde sowas von wütend, dass es mir bis zum Hals heiß wurde. Meine Antwort, die dem entsprechend böse im Ton war: "Kommst du hier mit 'ner Schippe an, bist du der Erste dem ich sie über den Schädel ziehe." Er war geschockt, und zog mit dem Satz: "mach doch was du willst, blöde Kuh" ab.
Ich ließ mir ein Körbchen, Zewa und Servietten aus dem Kiosk geben und nahm das Küken mit. Ich besorgte aus einem Tierfachhandel
Aufzuchtfutter in Pulverform und eine Kleinkörnermischung und peppelte das Kleine von Hand auf.
Heute, ihr Name ist Lilith (Kurzform Lili), ist sie eine wunderschöne Taube, blaubindig und super zarm. Sie lebt mit weiteren 8 Tauben (allerdings Brieftauben) in einer
Voliere in meinem Garten und ist stolze Mama zweier Küken (3 Wochen alt). Der Papa ist ein einjähriger Brieftäuber, den ich ebenfalls in diesem Jahr fand (am 11. Mai). Er fand vom Wettflug nicht nach Haus, war drei Tage unterwegs und bis auf die Knochen abgemagert (sie verbrauchen auf dem Flug ja all ihre Fettreserven). Anhand der Nummer des Ringes kontaktierte ich den Züchter und bekam ihn geschenkt, hatte ihm von Lili erzählt. Damit er nicht wieder in seinen Heimatschlag zurück fliegt, wo ihm mit Sicherheit KEIN langes Leben mehr bevor stehen würde, da er als Brieftaube versagte, ließ ich die beiden Junge bekommen - anbrüten halt. Und das hat auch geklappt, denn wenn meine Tauben auf Freiflug sind, kommt er immer wieder zurück.
Ich möcht betonen: Ich bin TAUBENLIEBHABERIN,
keine Züchterin und Wettflüge oder Zucht kommt für mich auch
nicht in Frage!
Meine Tauben fliegen nach Lust und Laune, hocken faul in den Bäumen, planschen in den Badeschalen und liegen im Rasen um sich die Sonne auf den Pelz brennen zu lassen - rundum glückliche Tauben ohne Zwänge :-D
Soviel vorab, damit sich hier jeder ein
kleines Bild über meine Tauben-Macke ;-) machen kann.
Zu den Stadtauben allgemein: Natürlich sind Stadttauben (verwilderte) Haustiere...
Wie hier ja schon geschrieben wurde, kommen unsere Brief- und Zuchttauben ursprünglich von der Felsentaube, dessen Domestikation der
MENSCH vor Jahrhunderten vor nahm. Damit züchtete man auch die Schlagtreue und die Abhängigkeit zum Menschen heran (war und ist heute noch die wichtigste Eigenschaft der Brieftaube). Früher musste sie nach Haus finden um Nachrichten zu überbringen, heute um Preise einzufliegen.
Von diesen Flügen kamen (und kommen ebenfalls heute noch) nicht alle wieder nach Haus. Auch gab (und gibt) es genügend Menschen die ihre Tauben "aussetzen" wenn sie ihren Schlag aufgeben wollen, und die Tiere nicht los wurden (wenn gleich dieses nicht mehr so häufig vor kommt).
Da diese Tauben allein, als Einzeltier, elendig verändet wären, schlossen sie sich zu Schwärmen zusammen (wie im Taubenschlag eben auch), verwilderten und vermehrten sich natürlich auch und - schwupp -
die Stadttaube war geboren!!!
Die Stadttauben, wie wir sie kennen, sind also
"meistens" Nachkommen gezüchteter Haustauben (Zucht- u. Brieftauben) und damit eben auch (verwilderte)
Haustiere!!! Und sie sind
leider auf den Menschen angewiesen, zumindest futtertechnisch.
....
Ich will bestimmt niemanden auf die Füße treten, aber...
das ist so schrecklich typisch Mensch (wenn auch
nicht jeder)... er nimmt sich das Recht und greift in die Natur ein, zu seinem Vorteil natürlich, und wenn es ihm zuviel wird oder gar aus dem Ruder läuft, in diesem Fall zur "Plage" wird, verachtet, vernichtet, verurteilt und tötet er drauf los... statt sich seiner Verantwortung bewusst zu werden.
Ist doch so, jeder 3. Bürger füttert die Tauben mit irgend 'nem scheiß "Menschenessen" (oder schmeißt seine Essensreste einfach hin), woran sich die Tauben natürlich sehr schnell gewöhnen (
da Haustiere) und immer mehr anlockt, wird aber sauer, wenn ihm eine Taube auf die Schulter kackt - dann müssen dies "Scheißviecher" natürlich weg *kotz*
Dabei gibt es in einigen Städten schon tolle Beispiele (Taubentürme in Parks etc.) wie man das "Problem" Taube in den Griff bekommen
kann. Mit ein wenig Umsicht und Vernunft wäre das meines Erachtens nach überall machbar.
Meine Tauben sind alle (bis auf vier) unberingt, und so mit für den Züchter "wertlos"... für mich sind sie wertvoller als sich manch einer vorstellen kann.
Natur und Tier wird es noch geben,
lange nachdem der Mensch sich selbst vernichtet hat.
Liebe Grüße
Lili