Hallo,
Zitat Raven
Was ich mit den Ausführungen sagen will ist, dass man das Problem "Katze" und "Wildern" und "Schadensverursachung an Wildtieren" sehr differenziert entsprechend den örtlichen Bedingungen, und vor allen Dingen möglichst emotionsfrei betrachten sollte.
Ich denke genau das ist der entscheidende Punkt, Katzenhaltung hat einfach zu viele Facetten, das dürfte auch die höchst unterschiedlichen Meinungen zu diesem Thema erklären. Als unfreiwilliger Katzenbesitzer möchte hier mal meine Erfahrungen mit Katzen in ländlicher Umgebung schildern.
Als Papageienhalter sind mir natürlich sowohl die eigenen als auch die Vögel in freier Natur weit wichtiger als Katzen, obwohl es hier einen ausgesprochen liebenswürdigen Schmusekater gibt. Übrigens leben Katzen bei uns ausgesprochen gefährlich, kastrieren erübrigt sich, da sie meist schon im ersten Lebensjahr Opfer des Straßenverkehrs werden.
Als ich hier vor einigen Jahren einzog gab es keine Katzen, unser Kompost mit den Futterresten der Papageien bildete daher für Ratten einen geradezu idealen Lebensraum, schließlich bevölkerten sie sogar tagsüber gemeinsam mit den Spatzen das Vogelhäuschen um sich den Bauch vollzuschlagen. Da sich Ratten noch extremer vermehren als Katzen blieb nichts anderes übrig als einen Kom
poster aus Eisengitter anzuschaffen und die Ratten mit Gift zu bekämpfen. Seit die vom Nachbarn angeschafften Katzen da sind, ist die Rattenplage kein Thema mehr, eine Tatsache die auch den Vögeln zugute kommt, immerhin sind Ratten auch Nesträuber. Katzen sind also in ländlichen Gebieten vor allem Nutztiere und ihre Aufgabe ist im Prinzip die gleiche wie vor 4000 Jahren im alten Ägypten.
Da mein Interesse nicht nur meinen Papageien sondern auch den Wildvögeln gilt, weiß ich sehr genau, welche Vögel sich in meinem Garten aufhalten und welche hier brüten. Ich versuche außerdem (zum Leidwesen meiner Frau) ihn möglichst ohne Kompromisse zu einem optimalen Lebensraum für Wildvögel umzugestalten. Während der Brutzeit schaue ich mindestens einmal am Tag nach den Nestern, weiß daher zumindest ob die Jungvögel erfolgreich ausgeflogen sind und ob es in den ersten Tagen danach Todesfälle gab.
Bisher brüteten hier Sperlinge, Grünfinken, Blaumeisen, Kohlmeisen, Amseln, Singdrosseln, Grauschnäpper und Hausrotschwänze. Ich kann nicht feststellen daß die Katzen einen relevanten Einfluß auf den Vogelbestand hier im Garten haben, eher scheint es so als würde der Vogelbestand zunehmen. Meisen, Grünfinken und Sperlinge kommen dank der Futterreste meiner Papageien problemlos durch den Winter, alle Attacken des Sperbers die ich bisher erlebte (das sind im Winter nicht wenige) waren ohne Erfolg. Die Sperlinge haben inzwischen 5 Brutplätze am Haus und brüten meist 3 mal pro Jahr. Im Winter zählte ich schon bis zu 40 Stück am Futterhäuschen.
Einziges Opfer einer Katze war bisher eine Jungamsel. Im Vergleich zu den anderen von mir festgestellten Todesfällen von Wildvögeln ist dieses einzige Katzenopfer aber fast zu vernachlässigen, weit mehr Opfer unter den Vögeln gab es hier durch den Straßenverkehr, durch die Kollision mit Fensterscheiben (trotz aufgeklebter Raubvogelsilhouetten) und durch den Marder.
Ich denke dies belegt, daß Wildvögel die über einen otimalen Lebensraum verfügen und an Prädatoren wie Katzen angepaßt sind, keine Probleme damit haben. Eher scheint es so zu sein, daß andere meist zivilisationsbedingte Ursachen (wie Kollision mit Fensterscheiben) ein deutlich höheres Risiko darstellen, denn daran sind die Wildvögel (noch) nicht angepaßt. Es ist also sicher wichtiger diese zivilisationsbedingten Todesursachen möglichst zu minimieren und sofern vorhanden, den eigenen Garten als optimalen Lebensraum für Wildvögel zu gestalten, als die Katzen zum Sündenbock zu machen. Als Ausnahme würde ich hier Katzen sehen, die sich auf Vogelfang spezialisiert haben. Denen sollte man zumindest dann, wenn in näherer Umgebung Jungvögel ausfliegen, Stubenarrest verordnen.
Eine echte Katastrophe sind Katzen natürlich wenn sie in Gebiete gelangen (meist sind dies Inseln, wie in der von Detlev genannten Studie auch festgestellt wird) in denen sie oder vergleichbare Kleinräuber nie heimisch waren und deren Tierwelt daher auch nicht an diese Prädatoren angepaßt ist, hier können Katzen eine Vogelart sehr rasch ausrotten. So sah ich erst vor kurzem einen Bericht, wie auf einer der Galapagos-Inseln versucht wird verwilderte Hauskatzen mit Fallen einzufangen, ein langwieriges und mühsames Unterfangen, aber für viele heimische (meist auch endemische) Tierarten vermutlich die einzige Chance langfristig zu überleben.
Gruß
Walter