Hallo Alex,
was ein Wildtier und was ein Haustier (oder besser domestiziertes Tier) ist, wird in der Biologie klar unterschieden. Das ist nun mal so, und das weißt du sicherlich auch. Zwischen deinen Aras und den wild lebenden Aras gibt es keine genetischen Unterschiede - von daher gesehen sind auch deine Aras Wildtiere.
Die Frage ist, ob es für den Vogelhalter wirklich von mehr als nur theoretischem Interesse ist zu wissen, dass er ein Wildtier und kein Haustier hält.
Welche praktischen Auswirkungen sollte das haben?
(Ja, es hat welche, die "domestizierten" Wellen- und Nymphensittiche werden in den Mindestanforderungen ausgeklammert, sie dürfen ruhig weniger gut als ihre noch nicht so lange nachgezüchteten Verwandten gehalten werden)
Ich benutze das Klischee
Papageien sind Wildtiere auch gerne, weil sich damit auf sehr einfache Weise verdeutlichen lässt, dass es dem Papagei nicht angeboren ist, den Menschen zu verstehen und dass er von Natur aus auch keine auf den Menschen bezogenen Kommunikationsmöglichkeit kennt, und dass er sich mitunter in einer auf den ersten Blick unverständlichen Weise verhalten kann.
Aber Papageien sind klug und lernen, lernen den Umgang mit dem Menschen, werden so zahm, wie Mensch es will und kann (wenn sie keine schlechten Erfahrungen machen). Die Menschen haben früher Wild
fänge gehalten und sie wurden auch zahm und vertraut mit ihrer Bezugsperson.
Was bedeutet es denn, dass Papageien Wildtiere sind?
Meiner Meinung nach muss man hier unterscheiden zwischen dem Umgang (der Kommunikation) mit dem Tier und der Haltung an sich (Futter,
Volierengröße und -ausstattung).
Die Haltungsbedingungen sollten so weit es eben möglich ist, naturnah angepasst werden, denn an den körperlichen Bedürfnissen der Tiere können wir nichts ändern, diese sind genetisch festgelegt. Geänderte Haltungsbedingungen können über viele Generationen hinweg zu einer (genetischen) Anpassung der Tiere führen (siehe Wellensittich).
Im Umgang mit den Tieren gibt es mehr Freiräume, denn das Verhalten ist nicht ausschließlich genetisch festgelegt, da wird viel durch Lernen und Umwelt bestimmt, deshalb kann man das Verhalten des einzelnen Vogels (des Individuums) modifizieren, ohne Gefahr zu laufen, eine genetische Veränderung anzustoßen.
Mit anderen Worten: Es macht nichts, wenn wir mit dem Papagei spielen, ihn kraulen, mit ihm in spielerischer Weise etwas trainieren, was er in der Natur (mangels Gelegenheit) nicht machen würde. Es macht jedenfalls so lange nichts, wie der Papagei die meiste Zeit mit Artgenossen verbringen kann und wir durch unseren Umgang mit ihm nicht Teile seines Lebens mit Artgenossen ersetzen, sondern ihm nur zusätzliche Beschäftigung anbieten. Die zusätzliche Beschäftigung kann als Ersatz für die fehlenden Herausforderungen eines Lebens in der Natur dienen und ist somit für die Intelligenz der Tiere förderlich.