mäusemädchen
Tier- und Naturfreundin
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Es ist für das Thema dieses Threads (wie insgesamt bei Themen zu Problemen von/mit Papageien in Menschenobhut) durchaus von Belang, ob der Halter "seine" Gefiederten als "Heimtiere" (angliziert und sprachgebräuchlich: "Pets") ansieht, oder sich dessen bewußt ist/wird, daß es sich bei allen Großpapageien weiterhin genotypisch und phänotypisch um "Wildtiere" handelt. Die diesbezügliche Einstellung des Halters bleibt nicht ohne Einfluß auf das Mensch-Tier-Verhältnis und mögliche Problematiken im Umgang/Verhalten mit (nicht nur) HZ-Exemplaren. Domestikaton und/oder domestikationsanaloge Erscheinungen in diesen Zusammenhängen zumindest kurz anzusprechen, sollte daher nicht als themenfremd, sondern als zugehöriger Diskussionspunkt gesehen werden. Natürlich ist es dem Vogel egal, welches Gewicht sein Hirn auf die Waage bringt. Er weiß nicht einmal darum, daß er überhaupt mit einem Gehirn ausgestattet ist. Aber wenn man darüber räsonieren möchte, ob es sich bei Großpapageien (in mehreren Nachzuchtgenerationen in Menschenobhut) um domestizierte Tiere ("Heim- resp. Haustiere") handelt, sollte man sich zuvor schon etwas mit den Kriterien der "Heimtierwerdung" und möglichen Einflüssen auf die Physis befassen.
Man muß weder "Tierpsychologen" noch diverse "Papageienflüsterer" oder Behavior Consultants (u. U. solche die sich dafür halten) bemühen, um zu der Erkenntnis zu gelangen, daß HZ-Exemplare gehäuft deswegen angeschafft werden, weil man sich davon eine besonders enge Mensch-Tier-Bindung mit entsprechendem "Knuddelfaktor" verspricht. Bei aus der (gewünschten) engen Mensch-Tier-Bindung (nebst Integration in den direkten Wohn- und Lebensbereich) speziell mit/nach Erreichen der Geschlechtsreife (auch hier wiederum insbesondere bei/mit HZ-Vögeln) resultierenden Problemen, deren Ursprünge vorwiegend dem agonistischen Verhaltenskomplex (insbesondere: unkontrolliertes Beissen) sowie dem oftmaligen Einfordern bedingungsloser Aufmerksamkeit (u. a. Schreien) zuzuordnen sind, werden dann nicht selten die o. g. "Spezialisten" konsultiert. Heini Hediger (1984)* zu den Folgen einer solchen (manchmal im Wortsinn "ungesunden" – vgl. Thread "angegriffen von zahmer HZ" im Graupapageienforum) Mensch-Tier-Bindung: "Diese Verwandlung kann sehr weit gehen, bis zur totalen Angleichung, d. h. das zahme Tier kann schließlich im vertrauten Menschen einen regelrechten Artgenossen sehen und ihn konsequent als solchen behandeln." Wenn die Nerven nach einigen derartigen "Behandlungen" total blank liegen, besteht immer noch die Möglichkeit eines "Verkaufsinserates" (Beispiel: "Biete männliche Blaustirnamazone...HZ/03...") oder der Abgabe in/an eine der mittlerweile recht vielen Auffangstationen. Es wird ein "perpetuum mobile" in Gang gesetzt (bzw. in Gang gehalten), welches wohl (von radikaleren Denkgebäuden abgesehen) am effektivsten dadurch zu unterbrechen wäre, daß man die menschlichen Ansprüche an das "Wildtier Papagei" wenigstens auf ein zumutbares Level reduziert und die Ansprüche des "Wildtieres Papagei" an innerartliche Sozialkontakte (beginnend mit der Elternaufzucht) und eine halbwegs ausreichend dimensionierte und strukturierte Haltungsumgebung in den Vordergrund stellt. Lantermann (1999)* merkt in Bezug auf Handaufzuchten an: "(...) trägt diese Form der Papageienzucht und -aufzucht dazu bei, dass das falsche Bild von den Papageien im Kopf der Vogelhalter weiter gefestigt wird." Leider ist diese Einschätzung (fast 10 Jahre nachdem sie zu Papier gebracht wurde) zutreffender denn je.
Selbstverständlich sollte bei Problemen mit HZ-Vögeln über Abhilfe- (oder wenigstens Abmilderungs-) Möglichkeiten nachgedacht werden. Wesentlich ist: Verhaltensauffälligkeiten/Verhaltensprobleme (Anmerkung: warum Handaufzuchten vermehrt zur Entwicklung derartiger Auffälligkeiten neigen, wurde bereits inflationär beschrieben) frühzeitig zu erkennen und zeitnah notwendige Änderungen in Angriff zu nehmen. Geschieht dies nicht, so können sich Verhaltensauffälligkeiten/Verhaltensprobleme derart verfestigen (bzw. geradezu automatisieren), daß eine Abmilderung/Behebung sich immer schwieriger gestaltet.
Erste und wichtigste Konstante und Voraussetzung der "Behebungsarbeit" ist bei vielen derartigen Problemstellungen:
Möglichst frühzeitige Ermöglichung innerartlicher Sozialkontakte bei sukzessiver Reduzierung des Menschenbezugs.
Abschließend: Es ist auf Dauer weder effektiv noch zweckdienlich, die Symptome einer Entwicklung (= inflationärer Ersatz der Elternaufzucht durch Handaufzucht), für die in dieser Intensität keinerlei Notwendigkeit besteht, durch nachträgliche Korrekturen und diverse verhaltenstherapeutische und sonstige Massnahmen abmildern zu wollen, statt die ungute Ursache selbst in den Fokus der Betrachtung zu stellen (wie beispielsweise in Österreich geschehen und in deren Gesetzgebung entsprechend verankert). Es macht eben so wenig Sinn, Handaufzuchten zu produzieren und zu vermarkten, um mit Teilen des Erlöses Artenschutzprojekte (mit) zu finanzieren. Tierschutz und Artenschutz sind zwei Seiten einer Medaille. Vielleicht zutreffender: Sie sollten es sein. Bezüglich der Ablehnung kommerzieller Handaufzucht (wie hier von einer Userin gepostet) ist zu sagen/schreiben, daß es aus bereits zur Genüge genannten Gründen für die HZ-Exemplare selbst vollkommen irrelevant ist, ob sie nun aus einer kommerziellen, einer teilweise kommerziellen oder einer sonstigen teilweise oder gänzlich für den Heimtiermarkt produzierenden Zuchtanlage stammen. Es gibt nur sehr wenige vernünftige Gründe, Handaufzuchten zu praktizieren. Auch diese Gründe wurden bereits mehrfach (u. a. von mir) benannt.
*Hediger, H. (1984): Tiere verstehen - Erkenntnisse eines Tierpsychologen, Deutscher Taschenbuch Verlag, München
*Lantermann, W,. (1999): Papageienkunde, Parey Buchverlag, Berlin
Gruß
MMchen
Man muß weder "Tierpsychologen" noch diverse "Papageienflüsterer" oder Behavior Consultants (u. U. solche die sich dafür halten) bemühen, um zu der Erkenntnis zu gelangen, daß HZ-Exemplare gehäuft deswegen angeschafft werden, weil man sich davon eine besonders enge Mensch-Tier-Bindung mit entsprechendem "Knuddelfaktor" verspricht. Bei aus der (gewünschten) engen Mensch-Tier-Bindung (nebst Integration in den direkten Wohn- und Lebensbereich) speziell mit/nach Erreichen der Geschlechtsreife (auch hier wiederum insbesondere bei/mit HZ-Vögeln) resultierenden Problemen, deren Ursprünge vorwiegend dem agonistischen Verhaltenskomplex (insbesondere: unkontrolliertes Beissen) sowie dem oftmaligen Einfordern bedingungsloser Aufmerksamkeit (u. a. Schreien) zuzuordnen sind, werden dann nicht selten die o. g. "Spezialisten" konsultiert. Heini Hediger (1984)* zu den Folgen einer solchen (manchmal im Wortsinn "ungesunden" – vgl. Thread "angegriffen von zahmer HZ" im Graupapageienforum) Mensch-Tier-Bindung: "Diese Verwandlung kann sehr weit gehen, bis zur totalen Angleichung, d. h. das zahme Tier kann schließlich im vertrauten Menschen einen regelrechten Artgenossen sehen und ihn konsequent als solchen behandeln." Wenn die Nerven nach einigen derartigen "Behandlungen" total blank liegen, besteht immer noch die Möglichkeit eines "Verkaufsinserates" (Beispiel: "Biete männliche Blaustirnamazone...HZ/03...") oder der Abgabe in/an eine der mittlerweile recht vielen Auffangstationen. Es wird ein "perpetuum mobile" in Gang gesetzt (bzw. in Gang gehalten), welches wohl (von radikaleren Denkgebäuden abgesehen) am effektivsten dadurch zu unterbrechen wäre, daß man die menschlichen Ansprüche an das "Wildtier Papagei" wenigstens auf ein zumutbares Level reduziert und die Ansprüche des "Wildtieres Papagei" an innerartliche Sozialkontakte (beginnend mit der Elternaufzucht) und eine halbwegs ausreichend dimensionierte und strukturierte Haltungsumgebung in den Vordergrund stellt. Lantermann (1999)* merkt in Bezug auf Handaufzuchten an: "(...) trägt diese Form der Papageienzucht und -aufzucht dazu bei, dass das falsche Bild von den Papageien im Kopf der Vogelhalter weiter gefestigt wird." Leider ist diese Einschätzung (fast 10 Jahre nachdem sie zu Papier gebracht wurde) zutreffender denn je.
Selbstverständlich sollte bei Problemen mit HZ-Vögeln über Abhilfe- (oder wenigstens Abmilderungs-) Möglichkeiten nachgedacht werden. Wesentlich ist: Verhaltensauffälligkeiten/Verhaltensprobleme (Anmerkung: warum Handaufzuchten vermehrt zur Entwicklung derartiger Auffälligkeiten neigen, wurde bereits inflationär beschrieben) frühzeitig zu erkennen und zeitnah notwendige Änderungen in Angriff zu nehmen. Geschieht dies nicht, so können sich Verhaltensauffälligkeiten/Verhaltensprobleme derart verfestigen (bzw. geradezu automatisieren), daß eine Abmilderung/Behebung sich immer schwieriger gestaltet.
Erste und wichtigste Konstante und Voraussetzung der "Behebungsarbeit" ist bei vielen derartigen Problemstellungen:
Möglichst frühzeitige Ermöglichung innerartlicher Sozialkontakte bei sukzessiver Reduzierung des Menschenbezugs.
Abschließend: Es ist auf Dauer weder effektiv noch zweckdienlich, die Symptome einer Entwicklung (= inflationärer Ersatz der Elternaufzucht durch Handaufzucht), für die in dieser Intensität keinerlei Notwendigkeit besteht, durch nachträgliche Korrekturen und diverse verhaltenstherapeutische und sonstige Massnahmen abmildern zu wollen, statt die ungute Ursache selbst in den Fokus der Betrachtung zu stellen (wie beispielsweise in Österreich geschehen und in deren Gesetzgebung entsprechend verankert). Es macht eben so wenig Sinn, Handaufzuchten zu produzieren und zu vermarkten, um mit Teilen des Erlöses Artenschutzprojekte (mit) zu finanzieren. Tierschutz und Artenschutz sind zwei Seiten einer Medaille. Vielleicht zutreffender: Sie sollten es sein. Bezüglich der Ablehnung kommerzieller Handaufzucht (wie hier von einer Userin gepostet) ist zu sagen/schreiben, daß es aus bereits zur Genüge genannten Gründen für die HZ-Exemplare selbst vollkommen irrelevant ist, ob sie nun aus einer kommerziellen, einer teilweise kommerziellen oder einer sonstigen teilweise oder gänzlich für den Heimtiermarkt produzierenden Zuchtanlage stammen. Es gibt nur sehr wenige vernünftige Gründe, Handaufzuchten zu praktizieren. Auch diese Gründe wurden bereits mehrfach (u. a. von mir) benannt.
*Hediger, H. (1984): Tiere verstehen - Erkenntnisse eines Tierpsychologen, Deutscher Taschenbuch Verlag, München
*Lantermann, W,. (1999): Papageienkunde, Parey Buchverlag, Berlin
Gruß
MMchen